Rz. 13
Die gesamte Entwicklung in Europa in den Ländern mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Grundbuchwesen geht in Richtung ERV. Pionier war hier Österreich, aber auch die ehemaligen Reformstaaten wie z.B. Polen folgen dem Trend. Ein guter Überblick zu den Grundbuchformen in den Mitgliedstaaten der EU findet sich im Europäischen https://e-justice.europa.eu/109/DE/land_registers_in_eu_countries.
Rz. 14
Unabhängig von der Einführung echter Datenbankgrundbücher entwickelt sich die Vernetzung der – freilich unterschiedlich strukturierten und aussagekräftigen – Grundbucheinrichtungen über EULIS (European Land Information Service) als europaweiter Datenverbund nationaler Grundbuchsysteme. Besondere Erwähnung in diesem Zusammenhang verdient die Arbeit des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Mit der Etablierung eines "Runden Tisches" im Jahr 2005 wurde hier – mit dem Schwerpunkt im Bereich der Grundpfandrechte – ein Forum mit Expertise zu rechtvergleichenden Fragen geschaffen, das auch den Fokus auf die zunehmende Digitalisierung in den verschiedenen Rechtsordnungen in den Fokus nimmt und nehmen muss. Dabei spielt, befördert durch die eIDAS – VO der EU, auch die qualifizierte elektronischen Signatur (qeS) für die gebotene Transaktionssicherheit eine wichtige Rolle. Diese wird auch im europaweiten Grundbuchverkehr perspektivisch an Bedeutung gewinnen.
Rz. 15
Auch wenn das Thema der Block-Kette (blockchain) im Zusammenhang mit Notar unter Grundbuchwesen im Rahmen der allgemeinen Hype um diese neue Technologie regelmäßig die Presse und die Medien beschäftigt, werden unbeschadet aller möglichen Ansatzpunkte für einen sinnvollen Einsatz dieser Technologie in bestimmten Verfahrensbereichen grundlegende Aspekte in der Diskussion verkannt und bewusst verkürzt. Darauf hat Wilsch im Zusammenhang mit dem Grundbuch eindrücklich hingewiesen. Hier seien nur stichpunktartig erwähnt die Komplexität der Vorgänge, die zwar im Einzelfall durchaus als standardisierter Vertragstyp erscheinen mögen, aber schon im Zusammenhang mit der Bestellung eines Wohnungsrechtes, einer Dienstbarkeit oder der Verschiebung des Besitzübergangs auf den Schulanfang der schulpflichtigen Kinder im Rahmen einer Beurkundung zu komplexen Verkettungen führen, die ein Algorithmus theoretisch, aber nur schwer – für rentable Kosten – praktisch abbilden kann. Außerdem darf nicht verkannt werden, dass ein bestehendes und funktionierendes Registersystem, zumal wenn es sich wie das Datenbankgrundbuch anschickt, den Sprung ins 21. Jahrhundert zu vollziehen, der kompletten Neuerschaffung eines ähnlich komplexen Systems im Wege einer Blockkette alleine von den Rücksichten auf wirtschaftliche, aber auch persönliche Belange der Bevölkerung und der Volkswirtschaft überlegen ist. Auch hinsichtlich der finanziellen Größenordnung der Umsetzung einer kompletten Neuschaffung durch Substitution mit bundesweiter Umsetzung darf und sollte man sich keiner Illusion hingeben; andere Verfahren im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs (vergleiche zum Beispiel die elektronische Gesundheitskarte) haben hier belegt, dass die Kosten sehr schnell ungeahnte Dimensionen erreichen können.