Rz. 55
Die Verschonung erfolgt nicht betriebs- bzw. beteiligungsbezogen. Vielmehr werden die Begünstigungen auf die Summe aller zum begünstigten Vermögen gehörenden Vermögensteile gewährt. Umfasst also das auf einen Erwerber übertragene begünstigte Vermögen mehrere selbstständig zu bewertende wirtschaftliche Einheiten einer oder mehrerer Vermögensarten (mehrere Gewerbebetriebe und/oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Mitunternehmeranteile, Anteile an Kapitalgesellschaften), sind deren Werte vor der Anwendung des § 13a ErbStG zusammenzurechnen. Somit kann insbesondere der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG auf den gesamten Vermögenserwerb nur ein einziges Mal gewährt werden, nicht für jede begünstigte wirtschaftliche Einheit separat. Im Übrigen führt diese Betrachtungsweise auch dazu, dass sowohl der Abzugsbetrag als auch der Verschonungsabschlag nur von einem insgesamt positiven Steuerwert des gesamten begünstigten Vermögens abgezogen werden können. Als weitere Konsequenz ergibt sich, dass auch die Prüfung der Erreichung der Mindestlohnsumme (§ 13a Abs. 3 ErbStG) bezogen auf die Gesamtheit aller begünstigt erworbenen wirtschaftlichen Einheiten zu erfolgen hat. Die Unterschreitung der Mindestlohnsumme z.B. in einem von mehreren begünstigt erworbenen Betrieben ist also unschädlich, soweit nur bei einer summarischen Betrachtung sämtlichen erworbenen begünstigten Vermögens die Mindestlohnsumme erreicht wird.
Rz. 56
Sowohl der Verschonungsabschlag als auch der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG sind als sachliche Steuerbefreiungen ausgestaltet. Sie werden daher grundsätzlich unabhängig von persönlichen Eigenschaften des begünstigten Steuerpflichtigen (Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser/Schenker, unbeschränkte oder beschränkte Erbschaftsteuerpflicht etc.) gewährt. Die Art und Weise des Erwerbsvorgangs spielt nach der Formulierung des Gesetzes keine Rolle (mehr); die Verschonungsregelungen sind also prinzipiell auf sämtliche in den §§ 3 und 7 ErbStG definierten Erwerbsvorgänge anzuwenden (siehe auch § 13b ErbStG Rdn 9 ff.). Auch eine Einschränkung auf natürliche Personen, wie in § 19a ErbStG vorgesehen, besteht hier nicht. Einzig der durch das ErbStG 2016 eingeführte Schwellenwert von 26 Mio. EUR (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) ist erwerberbezogen zu prüfen.
Rz. 57
Die Ausgestaltung als sachliche Steuerbefreiung führt auch dazu, dass steuersystematisch eine Minderung der Bemessungsgrundlage der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer erreicht wird. Die Steuer wird auf der Grundlage der unter Berücksichtigung der Verschonungsregelungen ermittelten Bemessungsgrundlage berechnet und festgesetzt. Im Falle von Verstößen gegen nachlaufende Verpflichtungen (Lohnsummenkriterium, Behaltensfrist) muss daher die Steuer vollständig neu berechnet werden, wobei dann die Bemessungsgrundlage um den Betrag zu erhöhen ist, der dem nachträglichen Wegfall der (zunächst gewährten) Verschonungen entspricht. Da die Verschonungen nur anteilig entsprechend dem Grad der Verfehlung der Mindestlohnsumme bzw. dem zeitlichen Abstand zum Tag der Steuerentstehung wegfallen, ist hier also stets eine individuelle Betrachtung entsprechend den konkreten Verhältnissen erforderlich. Die im Gesetzgebungsverfahren zum ErbStG 2009 diskutierte "Fallbeil-Regelung", bei der ohne Berücksichtigung des Zeitpunkts bzw. Umfangs des Verstoßes gegen nachlaufende Verpflichtungen die Verschonung vollständig entfallen wäre, ist – glücklicherweise – nicht Gesetz geworden. Hieran hat sich auch im Zuge des ErbStG 2016 nichts geändert.
Rz. 58
Adressat der Begünstigungsregelungen ist ausweislich von § 13a Abs. 5 ErbStG ausschließlich der Letzterwerber, der die erfolgreiche Unternehmensnachfolge tatsächlich gewährleistet bzw. gewährleisten muss. Erwerber, die aufgrund vertraglicher oder letztwilliger Verfügungen des Erblassers zur Weitergabe des begünstigungsfähigen Vermögens verpflichtet sind, können von vornherein nicht in den Genuss der Verschonungsregelungen kommen. Allerdings gehen die Begünstigungen – anders als nach früherem Recht – hierdurch nicht verloren, sie kommen grds. vielmehr dem Letzterwerber zugute.