Rz. 4
Das BVerfG hat sich bereits in drei Fällen mit der Verfassungsmäßigkeit der ab dem 1.1.2009 geltenden Rechtslage beschäftigen müssen. In diesen Fällen sind die Verfassungsbeschwerden jedoch als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Beschwerdeführer hatten die Höhe der zu erwartenden Steuerbelastung als Einschränkung des Art. 14 GG angesehen und fühlten sich in ihrer Eigentumsgarantie beeinträchtigt. Allerdings verlangte das BVerfG, wie bei Verfassungsbeschwerden üblich, die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer und die Ausnutzung des vollen Rechtswegs. Für beides wäre zuvor der Erlass eines gegen sie gerichteten Steuerbescheids erforderlich gewesen. Hieran fehlte es indes, da die Steuer im Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde noch nicht entstanden war.
In einem weiteren Fall hatte der beschenkte Bruder die Verletzung der Art. 6 Abs. 1 GG mit dem Hinweis gerügt, dass der Bruder ebenso zur Kernfamilie gehöre, wie eine Verwandte gerader Linie und die Ehefrau, die sowohl hinsichtlich des Steuertarifs wie hinsichtlich der Höhe der Freibeträge gegenüber dem Bruder bessergestellt sei. In diesem Fall hat der BFH die Entscheidung des Gesetzgebers, Verwandte gerader Linie mit Blick auf die erbschaftsteuerliche Belastung gegenüber sonstigen Verwandten besser zu stellen, akzeptiert. Tragend für diese Entscheidung mag gewesen sein, dass Verwandte in gerader Linie in höherem Maße zum Aufbau des weitergegebenen Vermögens beigetragen haben und hier auch erweiterte Unterhaltsansprüche wechselseitig bestehen. Mitentscheidend mag auch gewesen sein, dass die Schenkung fünf Tage nach Inkrafttreten des ErbStRG bewirkt wurde und dem BFH der zu beurteilende Sachverhalt ein wenig zu konstruiert erschien
Rz. 5
Der BFH befasste sich mit der Frage, ob die Anwendung desselben Steuertarifes für Angehörige der Steuerklasse II und III unter dem Blickwinkel mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, dass diese Gleichstellung nur zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.12.2009 gilt. Vorher und nachher waren die Angehörigen der Steuerklasse II gegenüber der Steuerklasse III bessergestellt. Überdies untersucht der BFH, ob problematische Gestaltungsmöglichkeiten, die die Steuerverschonung der §§ 13a und 13b ErbStG auslösen, verfassungsrechtliche Bedenken begründen. Im Fokus stehen vor allem sonstige Forderungen, die im Vergleich zu Sichteinlagen, Spareinlagen, Festgeldkonten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht dem Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ErbStG unterfallen, sowie Umgehungsmöglichkeiten bei der Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 S. 2 ff. ErbStG. Der BFH hatte das BMF zum Beitritt aufgefordert, aber wegen verfassungsrechtlicher Zweifel das Verfahren ausgesetzt und mit Beschl. v. 27.9.2012 dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Das BVerfG hatte §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungswidrig, aber zunächst weiter anwendbar erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung bis zum 30.6.2016 verpflichtet.
Rz. 6
Aus Sicht des BVerfG ist die Privilegierung betrieblichen Vermögens unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig sind die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen. Die genannten Verfassungsverstöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelungen insgesamt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Der Gesetzgeber hat die Bedenken in der Weise ausgeräumt, dass er Betriebsvermögen bei Bewertungsstichtagen nach dem 30.6.2016 nur noch insoweit von der Besteuerung ausnimmt, wie das Vermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG begünstigt ist, wobei für Familienunternehmen ein Vorababschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG vorgenommen wird und die Mindestlohnsummen für die generelle Befreiung von kleinen und mittleren Betrieben von der Erreichung eines Lohnsummengrenzwertes über den Verschonungszeitraum deutlich abgesenkt werden (§ 13a Abs. 3 S. 4 ErbStG). Überdies kann die auf begünstigtes Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) entfallende Steuer auf Antrag des Erwerbers erlassen werden, wenn der Erwerber die Steuer aus seinem persönlichen Vermögen nicht tragen kann (§ 28a ErbStG). Beträgt der Wert des begünstigten Vermögens weniger als 90 Mio. EUR, kann der Erwerber zum Abschmelzmodell (§ 13c Abs. 1 ErbStG) mit der Folge optieren, dass eine Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a Abs. 8 ErbStG) nicht beantragt werden kann. Zu begrüßen ist aber, dass das nunmehr im sechsten Abschnitt des BewG gefundene Bewertungsniveau für die §§ 151 ff. BewG unterfallenden Fälle der Bedarfsbewertung das Plazet des BVerfG gefunden hat, so dass sich die Mühen des Gesetzg...