Rz. 12
Der wegen einer Nachlassverbindlichkeit gerichtlich in Anspruch genommene Erbe hat stets darauf zu achten, dass er nicht ohne einen Vorbehalt betreffend die Haftungsbeschränkung verurteilt wird. Geschieht dies, weil er etwa keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, verliert der Erbe das Recht, seine Haftung für den festgestellten Anspruch auf den Nachlass zu beschränken oder sich insoweit auf eine bereits eingetretene Haftungsbeschränkung zu berufen (§ 780 Abs. 1 ZPO). Bei der Zwangsvollstreckung wird die Haftungsbeschränkung nur dann berücksichtigt, wenn
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sich der Erbe auf die Haftungsbeschränkung beruft (§ 781 ZPO) und |
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wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist (§ 781 Abs. 1 ZPO). |
Rz. 13
Nur ausnahmsweise ist es dem Erben möglich, den Vorbehalt im Urteil auch noch nachträglich zu erlangen. Dazu muss er entweder Berufung (§ 511 ZPO) einlegen, die Gehörsrüge (§ 321a ZPO) geltend machen oder Urteilsergänzung (321 ZPO) beantragen. Der verurteilte Erbe kann ein Rechtsmittel ausschließlich mit dem Ziel einlegen, die beschränkte Erbenhaftung geltend zu machen. Der erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung ist unabhängig von § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Voraussetzungen für seine Aufnahme unstreitig gegeben sind. Die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses ist auch dann im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn die Dürftigkeit des Nachlasses streitig ist, sofern das Berufungsgericht den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung ausspricht, ohne dessen sachlichrechtliche Voraussetzungen zu prüfen. Die Revisionszulassung kann auf die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung beschränkt werden.
Rz. 14
Ein Rechtsanwalt, dessen Mandant als Erbe wegen einer Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wird, ist grundsätzlich verpflichtet, den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung in den Titel aufnehmen zu lassen. Der Rechtsanwalt muss in solchen Fällen für seinen Mandanten stets den sicheren Weg einschlagen und darf sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht Hinweise erteilt oder eine dem Mandanten günstige Auslegung vornimmt.
Rz. 15
Nach § 780 Abs. 2 ZPO ist ein Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung in folgenden Fällen entbehrlich:
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bei einer Verurteilung des Fiskus als gesetzlichen Erben (§ 1936 BGB); |
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bei einer Verurteilung eines Nachlassverwalters, eines Nachlasspflegers oder eines den Nachlass verwaltenden Testamentsvollstreckers (hierunter wird man auch den seltenen Fall einbeziehen, dass ein Nachlassinsolvenzverwalter wegen einer Nachlassverbindlichkeit verklagt und verurteilt wird). |
Rz. 16
Der Vorbehalt ist überflüssig, wenn das Prozessgericht selbst über die Haftungsbeschränkung entscheidet. Dann ist für das Verhältnis unter den Parteien mit rechtskräftiger Wirkung entschieden, ob die Haftung für die Klageforderung auf den Nachlass beschränkt ist oder nicht. Das ist dann der Fall, wenn
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das Gericht die vom Erben geltend gemachte Beschränkung der Erbenhaftung geprüft, verneint und den Erben dementsprechend ohne Vorbehalt verurteilt hat; |
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das Gericht die vom Erben geltend gemachte Haftungsbeschränkung geprüft und bejaht hat und feststeht, dass keine Haftungsmasse mehr vorhanden, der Nachlass z.B. erschöpft ist. Das Gericht weist alsdann die Klage ab; |
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das Gericht die vom Erben geltend gemachte Beschränkung der Erbenhaftung geprüft und bejaht hat oder nur auf "Leistung aus dem Nachlass" geklagt wurde; das Gericht verurteilt dann "zur Leistung aus dem Nachlass". Hierbei handelt es sich keineswegs um einen Vorbehalt i.S.v. § 780 Abs. 1 ZPO, sondern es ist die gleiche Situation geschaffen, die durch eine haftungsbeschränkende Klage nach § 785 ZPO ebenfalls hergestellt wird. |
Rz. 17
Steht nach Prüfung des Gerichts nicht nur die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass fest, sondern ebenfalls die gegenständliche Begrenzung des Nachlasses, kann das Gericht – auf entsprechenden Antrag – den Erben zu Duldung der Zwangsvollstreckung in bestimmte Gegenstände verurteilen.