Rz. 1
Der 4. Titel des 2. Abschnitts regelt im 1. Untertitel (§§ 2032–2057a BGB) das Rechtsverhältnis der Mehrheit von Erben untereinander sowie im 2. Untertitel (§§ 2058–2063 BGB) das Verhältnis zu den Nachlassgläubigern.
Rz. 2
In der Praxis ist eine Mehrheit von Erben die Regel, der Alleinerbe die Ausnahme. Dies gilt umso mehr, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Der Gesetzgeber hat im 1. Untertitel insbesondere durch Verweise auf Vorschriften des Gemeinschaftsrechts die Rechte innerhalb der Erbengemeinschaft geregelt.
Die Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft führt regelmäßig zu heftigen Differenzen zwischen den Miterben. Dies liegt meist jedoch nicht unbedingt an den unklaren oder fehlenden gesetzlichen Regelungen. Häufig wird es daran liegen, dass die Erbengemeinschaft als Zufallsgemeinschaft entsteht, ohne dass ein Erbe Einfluss auf "seine" Miterben nehmen könnte. Persönliche Differenzen zwischen den Erben, die den Ursprung vor dem Erbfall haben, und Benachteiligungsängste bei der Auseinandersetzung führen hier häufig zu "Rachegefechten", die mit der eigentlichen Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nur noch indirekt etwas zu tun haben. Es darf hierbei nicht übersehen werden, dass die Regelungen zur Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft im Wesentlichen seit der Einführung des BGB nicht geändert worden sind. Zum damaligen Zeitpunkt herrschten andere soziale Strukturen (mehrere Generationen "unter einem Dach", die aufeinander angewiesen waren), die Mobilität war geringer (Miterben waren "dichter" am Nachlass und "dichter beieinander") und die Erben waren jünger, da die Lebenserwartung noch nicht so hoch war wie heute.
Rz. 3
Ein anderes Problem ist die leider häufig nicht zu übersehende Unkenntnis von den Regelungen, die der Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zugrunde liegen – bei allen Personen, die mit einer Erbengemeinschaft zu tun haben, ob direkt oder indirekt. Verunsicherte Erben versuchen häufig in der Angst, andernfalls "zu kurz zu kommen", durch eigenmächtiges Handeln ihren Vorteil zu suchen, unwissende Berater versuchen Unkenntnis durch unnötige Drohgebärden zu kompensieren.
Rz. 4
Der Erblasser hat es in der Hand, mit durchdachten Verfügungen unter Lebenden und von Todes wegen die Nachlassgestaltung so vorzunehmen, dass Streit unter den Miterben weitgehend vermieden wird. Ein "Königsweg" der Nachlassgestaltung ist hier die Anordnung der Testamentsvollstreckung mit der Ermächtigung des Testamentsvollstreckers, den Nachlass nach billigem Ermessen auseinanderzusetzen (§ 2048 S. 2 BGB, vgl. hierzu § 2048 Rdn 12 ff.), sowie die Beifügung einer Schiedsklausel. Nicht ohne Grund erhält bspw. in den USA in den meisten Bundesstaaten regelmäßig zunächst eine Person den Nachlass, im deutschen Recht am ehesten einem Testamentsvollstrecker entsprechend.
Rz. 5
Die Erbengemeinschaft ist als Gesamthandsgemeinschaft im Wesentlichen auf einvernehmliches Handeln der Miterben angewiesen. Hierdurch hat jeder Erbe eine Art "Veto"-Recht, was Verwaltung und Veräußerung von Nachlassgegenständen erheblich erschweren kann. Gelingt es den Erben, sich nachträglich auf eine dritte, unbeteiligte Person zu einigen und sich deren Maßnahmen wie einem Testamentsvollstrecker zu unterwerfen, wird dies häufig zum Vorteil der Erbengemeinschaft sein, da der Nachlasswert gesichert wird und die Auseinandersetzung zügiger betrieben werden kann.
Rz. 6
Im 2. Untertitel werden die Rechte der Miterben gegenüber den Nachlassgläubigern geregelt. Hiernach richtet sich, ob und in welchem Umfang jeder Miterbe auch mit seinem Eigenvermögen für Nachlassverbindlichkeiten haften muss. Die Haftung jedes Miterben ändert sich entscheidend ab dem Augenblick der Teilung des Nachlasses, § 2059 BGB. Jeder Miterbe kann durch Haftungsbeschränkungsmaßnahmen die unbeschränkte Haftung mit seinem Eigenvermögen verhindern.