a) Entstehung der Steuerpflicht
Rz. 10
Da die Erbschaft dem Nacherben erst mit dem Nacherbfall anfällt, § 2139 BGB, unterliegt er bis zu diesem Zeitpunkt keiner Steuerpflicht, auch wenn er grds. bereits mit dem Erbfall eine veräußerliche und vererbliche Anwartschaft auf den späteren Erwerb erhält. Diese Anwartschaft erstarkt keineswegs immer zum Vollrecht und bildet daher keinen eigenständigen Erwerb. Sie gehört gem. § 10 Abs. 4 ErbStG auch nicht zum Nachlass des Nacherben, so dass auch seine Erben insoweit keine Erbschaftsteuerpflicht trifft, wenn der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls stirbt. Auch die Schenkung der Nacherbschaft bildet keinen steuerpflichtigen Erwerb. Hingegen entsteht eine Steuerpflicht, wenn der Nacherbe gegen Abfindung auf sein Nacherbenrecht verzichtet bzw. dieses gegen Entgelt überträgt (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG) oder wenn er die Nacherbschaft gegen Abfindung ausschlägt (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Ferner liegt eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden vor, wenn der Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbfolge Nachlassgegenstände vor dem Nacherbfall überträgt (§ 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG).
Rz. 11
Der Erwerb des Nacherben unterliegt gem. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. h ErbStG mit dem Wert zum Zeitpunkt des Nacherbfalls der Erbschaftsteuer. Der Nacherbe ist beweisbelastet dafür, ob und in welcher Höhe der Nachlass des Vorerben der Nacherbfolge unterliegendes Vermögen enthält. Hat er den Nachlass zu Zeiten der Vorerbschaft in Erwartung des Nacherbfalls, etwa durch Baumaßnahmen auf dem Nachlassgrundstück, im Wert gesteigert, so mindert sich seine steuerliche Bereicherung um den Wert des Vermögenszuwachses, unabhängig davon, ob zivilrechtliche Ersatzansprüche bestehen.
b) Unterscheidung nach dem Ereignisgrund des Erwerbs
Rz. 12
Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung dieses Erwerbs unterscheidet das ErbStG danach, ob die Nacherbfolge durch den Tod des Vorerben (§ 6 Abs. 2 ErbStG) oder aufgrund eines anderen Ereignisses (§ 6 Abs. 3 ErbStG) eintritt.
aa) Eintritt der Nacherbfolge durch den Tod des Vorerben
Rz. 13
Bildet der Tod des Vorerben den Nacherbfall, hat der Nacherbe gem. § 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Für die Steuerklasse, den persönlichen Freibetrag etc. ist somit das Angehörigkeitsverhältnis des Nacherben zum Vorerben maßgeblich. Die zivilrechtliche Wertung des § 2100 BGB bleibt jedoch insoweit nicht unbeachtet, als nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG der Versteuerung auf Antrag das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen ist. Steuerklasse (§ 15 ErbStG), sachliche Steuerbefreiungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), persönlicher Freibetrag (§ 16 ErbStG), Steuersatz (§ 19 ErbStG) und eine etwaige Ermäßigung bei mehrfachem Erwerb desselben Vermögens (§ 27 ErbStG) bestimmen sich dann nach dem Angehörigkeitsverhältnis des Nacherben zum Erblasser. Der Antrag ist nur zulässig (und auch nur dann sinnvoll), wenn der Nacherbe in einem engeren Angehörigkeitsverhältnis zum Erblasser steht als zum Vorerben.
Rz. 14
Geht auch eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben über, sind die beiden Vermögensanfälle hinsichtlich der Steuerklasse getrennt zu behandeln, § 6 Abs. 2 S. 3 ErbStG. Für das eigene Vermögen des Vorerben kann nach § 6 Abs. 2 S. 4 ErbStG ein Freibetrag jedoch nur gewährt werden, soweit der Freibetrag über das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht verbraucht ist. Der nicht verbrauchte Freibetrag für das Nacherbschaftsvermögen kann nach Auffassung des BFH nicht in vollem Umfang bei dem eigenen Vermögen des Vorerben, sondern nur i.H.d. für den Erwerb vom Vorerben maßgeblichen Freibetrags in Abzug gebracht werden. Nach BFH gibt § 6 Abs. 2 S. 4 ErbStG keinen Anhalt dafür, bei der Berechnung der auf das eigene Vermögen des Vorerben entfallenden Steuer einen höheren Freibetrag zu berücksichtigen als im Verhältnis zwischen Erwerber und Vorerben nach § 16 ErbStG vorgesehen ist. Der Steuersatz richtet sich jedoch gem. § 6 Abs. 2 S. 5 ErbStG auch bei mehreren Erwerben jeweils nach dem gesamten Erwerb, selbst wenn die Erwerbe aufgrund eines Antrags des Nacherben nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG in unterschiedliche Steuerklassen einzuordnen sind. Es gilt somit ein der Regelung des § 32b EStG vergleichbarer Progressionsvorbehalt.
bb) Eintritt der Nacherbfolge aufgrund eines anderen Ereignisses
Rz. 15
Tritt die Nacherbfolge schon zu Lebzeiten des Vorerben durch ein anderes Ereignis, bspw. durch die Wiederverheiratung des Vorerben, ein, kann auch das Steuerrecht den Erwerb des Nacherben nicht als vom Vorerben stammend ansehen. Gem. § 6 Abs. 3 S. 1 ErbStG gilt in diesem Fall die Vorerbfolge als auflösend bedingter, die Nacherbfolge als aufschiebend bedingter Erwerb vom Erblasser. Folgerichti...