I. Erbschaftsteuer
1. Allgemeines
Rz. 7
Die Gestaltungsform Nacherbschaft ist erbschaftsteuerlich unvorteilhaft. Steuerliche und zivilrechtliche Behandlung stimmen nicht überein: Während zivilrechtlich sowohl Vor- als auch Nacherbe Erben des Erblassers sind und somit lediglich ein Erbfall vorliegt, wird erbschaftsteuerlich von zwei Vermögensübergängen ausgegangen. Gem. § 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG haben bei Eintritt der Nacherbfolge diejenigen, auf die das Vermögen des Erblassers übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern, was zu einer Zweifachbesteuerung führt. Verfassungswidrig ist dies nach überwiegender Auffassung nicht.
Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 hat sich gegenüber der früheren Rechtslage keine Änderung ergeben.
2. Besteuerung des Vorerben
Rz. 8
Der Vorerbe wird gem. § 6 Abs. 1 ErbStG als Vollerbe besteuert. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus § 6 Abs. 1 ErbStG, folgt aber aus § 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG einerseits und den §§ 6 Abs. 3, 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 5, 9 BewG andererseits. Der Nachlass unterliegt mit seinem vollen Wert der Besteuerung; die den Vorerben treffenden Verfügungsbeschränkungen bleiben gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 BewG bei der Bewertung des steuerpflichtigen Erwerbs unberücksichtigt. Dies gilt gem. § 12 Abs. 1 ErbStG, i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 BewG auch, wenn die Nacherbfolge nicht mit dem Tod des Vorerben verknüpft, sondern durch ein anderes, schon zu Lebzeiten des Vorerben eintretendes Ereignis auflösend bedingt ist. Hier greift allerdings die Anrechnungsvorschrift des § 6 Abs. 3 S. 2 ErbStG ein. Der Vorerbe wird des Weiteren nach § 20 Abs. 4 ErbStG dadurch entlastet, dass er die Erbschaftsteuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten hat. Zwar haftet der Vorerbe auch mit seinem Privatvermögen für die Steuerschuld, im wirtschaftlichen Ergebnis trägt jedoch der Nacherbe die Steuerlast, da sich der Nachlass um die vom Vorerben gezahlte Erbschaftsteuer reduziert.
Rz. 9
Erlangt der Vorerbe zivilrechtlich die Stellung eines Vollerben, weil z.B. der Nacherbe die Erbschaft ausschlägt, § 2142 Abs. 2 BGB, vermittelt dies dem Vorerben keinen zusätzlichen steuerpflichtigen Erwerb. Abfindungszahlungen, die der Vorerbe an den Nacherben zur Ablösung des Nacherbenrechts leistet, sind demnach nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, da sie nicht den Erwerb des Vorerben durch Erbanfall betreffen, sondern vielmehr durch einen weiteren, die Übertragung der Rechtsstellung des Nacherben beinhaltenden Vermögensübergang zwischen Vorerben und Nacherben ausgelöst werden. Für den Nacherben bilden die Abfindungszahlungen allerdings einen steuerpflichtigen Erwerb (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG).
3. Besteuerung des Nacherben
a) Entstehung der Steuerpflicht
Rz. 10
Da die Erbschaft dem Nacherben erst mit dem Nacherbfall anfällt, § 2139 BGB, unterliegt er bis zu diesem Zeitpunkt keiner Steuerpflicht, auch wenn er grds. bereits mit dem Erbfall eine veräußerliche und vererbliche Anwartschaft auf den späteren Erwerb erhält. Diese Anwartschaft erstarkt keineswegs immer zum Vollrecht und bildet daher keinen eigenständigen Erwerb. Sie gehört gem. § 10 Abs. 4 ErbStG auch nicht zum Nachlass des Nacherben, so dass auch seine Erben insoweit keine Erbschaftsteuerpflicht trifft, wenn der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls stirbt. Auch die Schenkung der Nacherbschaft bildet keinen steuerpflichtigen Erwerb. Hingegen entsteht eine Steuerpflicht, wenn der Nacherbe gegen Abfindung auf sein Nacherbenrecht verzichtet bzw. dieses gegen Entgelt überträgt (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG) oder wenn er die Nacherbschaft gegen Abfindung ausschlägt (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Ferner liegt eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden vor, wenn der Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbfolge Nachlassgegenstände vor dem Nacherbfall überträgt (§ 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG).
Rz. 11
Der Erwerb des Nacherben unterliegt gem. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. h ErbStG mit dem Wert zum Zei...