Rz. 2

Typischerweise werden mit der Anordnung von Vor- und Nacherbfolge folgende Zwecke verfolgt:

Der Erblasser möchte sein Vermögen in seiner Familie binden und eine Weitergabe an familienfremde Dritte verhindern.
Es soll verhindert werden, dass störende Erben und Pflichtteilsberechtigte des Vorerben an seinem Vermögen partizipieren, etwa nichteheliche Kinder des zum Vorerben eingesetzten Ehegatten oder dessen Kinder aus einer früheren Ehe, der spätere Ehegatte des Vorerben oder der geschiedene Ehegatte des Erblassers als Pflichtteilsberechtigter des zum Vorerben berufenen gemeinsamen Kindes.
Dem zum Vorerben Berufenen soll unter Versorgungsgesichtspunkten lediglich die Nutzung des Nachlasses zukommen, während der Nacherbe die Nachlasssubstanz erhalten soll.
Der an sich vorgesehene Erbe soll den Nachlass erst erhalten, wenn er ein bestimmtes Alter erreicht hat oder ein bestimmtes Ereignis (Heirat, Ausbildungsende) eingetreten ist; die Vorerbschaft ist in diesem Fall, der Ähnlichkeit mit einer Verwaltungstestamentsvollstreckung hat,[1] eine Art Treuhand.
Es soll – mit Hilfe der Vollstreckungssperre des § 2115 BGB – verhindert werden, dass Eigengläubiger des überschuldeten Vorerben auf den Nachlass zugreifen; maßgeblicher praktischer Anwendungsfall ist das Behindertentestament.
Der Erblasser möchte ein bestimmtes Verhalten des Vor- oder Nacherben sanktionieren oder belohnen; so z.B. wenn die unerwünschte Wiederverheiratung des zum Erben bestimmten Ehegatten den Eintritt der Nacherbfolge und damit den Verlust der Erbschaft herbeiführen oder ein Abkömmling erst dann in den Genuss der Erbschaft kommen soll, wenn er eine bestimmte Prüfung besteht.
Es sollen noch nicht gezeugte Personen zu Erben bestimmt werden, denn hier kommt nur die Einsetzung als Nacherben in Betracht, §§ 1923, 2101 Abs. 1 BGB.
[1] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 4.

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