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Diese früher herrschende Ansicht stellte rein formalistisch auf den Begriff der Einheit der Urkunde ab.[4] Diese Theorie, die zunächst den Charme einer eindeutigen Abgrenzung zu haben scheint, verliert selbigen schnell wieder, wenn man diese tatsächlich anwenden will. Die vom RG in seiner grundlegenden Entscheidung[5] verwendete Definition ist nämlich alles andere als eindeutig und widerspruchsfrei: "Das Wesen des gemeinschaftlichen Testaments besteht darin, dass die letztwilligen Verfügungen mehrerer Personen in einer einzigen Urkunde errichtet werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Verfügungen auf einem Blatt oder ob sie auf mehreren Bogen oder Blättern stehen. Es können mehrere Personen ihre letztwilligen Verfügungen nacheinander auf dasselbe Blatt Papier schreiben, ohne dass ein gemeinschaftliches Testament hergestellt wird; andererseits kann ein gemeinschaftliches Testament aus mehreren Bogen oder Blättern bestehen. Es kommt auch nicht wesentlich auf den Inhalt der Verfügungen, auf die Einheitlichkeit oder Gemeinschaftlichkeit des Errichtungsaktes oder auf die Absicht der Verfügenden an …" Dementsprechend wurde die objektive Theorie zu Recht bspw. von v. Hippel[6] angegriffen, der darlegte, dass der Begriff der Einheit der Urkunde schwer abzugrenzen und deswegen schlecht geeignet sei.

[4] RGZ 50, 308; RGZ 72, 204; RGZ 87, 33.
[5] RGZ 72, 204.
[6] v. Hippel, Formalismus und Rechtsdogmatik, 1935, S. 131 ff.

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