Rz. 14
Das gemeinschaftliche Testament nimmt eine Zwischenstellung zwischen Erbvertrag und einfachem Testament ein. Dabei ist für das gemeinschaftliche Testament konstitutiv, dass dieses letztwillige Verfügungen beider Ehegatten enthält. Andernfalls würde es sich lediglich um ein einseitiges Testament handeln.
I. Abgrenzung zum Erbvertrag
Rz. 15
Auch wenn das gemeinschaftliche Testament stets Verfügungen beider Ehegatten enthalten muss, besteht doch Einigkeit darüber, dass es sich dabei nicht um einen Vertrag handelt, sondern um eine andere Art des Testaments. Der Erbvertrag muss stets notariell beurkundet werden (§ 2276 BGB). Im Gegensatz hierzu gilt für das gemeinschaftliche Testament die freie Formwahl zwischen öffentlichem und eigenhändigem Testament. Wählen die Testierenden letztgenannte Alternative, steht ihnen als Besonderheit auch das sog. Formprivileg des § 2267 BGB zur Verfügung. Danach genügt es zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, wenn einer der Ehegatten das Testament in der nach § 2247 BGB vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet.
Rz. 16
Inhaltlich müssen die im gemeinschaftlichen Testament enthaltenen letztwilligen Verfügungen der Ehegatten nicht übereinstimmen. Hinzu kommt, dass die im gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Verfügungen bis zum Tode des ersten Ehegatten grundsätzlich frei widerruflich sind (§ 2271 Abs. 2 BGB), wenn dazu für die im Testament enthaltenen wechselbezüglichen Verfügungen auch bestimmte Formvorschriften beachtet werden müssen (§ 2271 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2296 BGB). Im Gegensatz hierzu ist der Erbvertrag grundsätzlich unwiderruflich (Ausnahmen: Aufhebung, Anfechtung, Rücktritt, Gegenstandslosigkeit).
Rz. 17
Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten bzw. von zwei Personen gleichen Geschlechts, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, errichtet werden (§ 2265 BGB, § 10 Abs. 4 S. 1 LPartG), ein Erbvertrag kann zwischen beliebigen und auch mehr als zwei Personen geschlossen werden. Für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments reicht die Testierfähigkeit aus (§ 2229 BGB), wohingegen für den Abschluss eines Erbvertrags beim Erblasser unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erforderlich ist (§ 2275 BGB mit den in § 2275 Abs. 2 und 3 BGB genannten Ausnahmen).
II. Gemeinsamkeiten
Rz. 18
Bei all diesen Unterschieden darf jedoch nicht übersehen werden, dass zwischen beiden Testierformen auch erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen, die durch die Gestaltung im Einzelfall noch verstärkt werden können. So kann bspw. ein Erbvertrag durch Vereinbarung eines Rücktrittsrechts einem gemeinschaftlichen Testament angenähert werden. Aufgrund der sachlichen Nähe des gemeinschaftlichen Testaments zum Erbvertrag bei wechselbezüglichen Verfügungen wendet die Rspr. auch die für den Erbvertrag geltenden Vorschriften über Anfechtung und Verfügungen unter Lebenden (§§ 2281 ff., 2286 ff. BGB) auf unwiderruflich gewordene Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten entsprechend an.
III. Einseitiges Testament und gemeinschaftliches Testament
Rz. 19
Inhaltlich können in einem gemeinschaftlichen Testament alle Regelungen getroffen werden, die auch in einem einseitigen Testament getroffen werden können. Das gemeinschaftliche Testament gibt den Ehegatten zusätzlich die Möglichkeit, ihre Verfügungen als wechselbezügliche Verfügungen auszugestalten (§§ 2270, 2271 BGB) und somit eine gewisse Bindung an diese Verfügungen herbeizuführen. Da es sich somit bei einem gemeinschaftlichen Testament nur um eine besondere Art des Testaments handelt, sind alle Vorschriften und Regeln über das einseitige Testament auch auf das gemeinschaftliche Testament anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den §§ 2265 ff. BGB ergeben. Auf die Besonderheiten zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments wird unter Rdn 21 einzugehen sein.