a) Zuständigkeit
Rz. 16
Für die Erteilung des ENZ sind gemäß Art. 64 Buchst. a EuErbVO Gerichte oder sonstige Institutionen i.S.d. Art. 3 Abs. 2 EuErbVO, oder gemäß Art. 64 Buchst. b EuErbVO eine Behörde, die nach innerstaatlichem Recht für Erbsachen zuständig ist, zuständig. In Deutschland sind also wie bisher die Nachlassgerichte zuständig. Die allgemeine Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers gemäß Art. 64 i.V.m. Art. 4 EuErbVO. Hat der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates gehabt, so sind nach Art. 10 EuErbVO die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, dessen Staatsangehörigkeit er hatte oder in dessen Gebiet er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den letzten fünf Jahren vor seinem Tod hatte.
In Deutschland ist nach Art. 34 IntErbRVG i.V.m. Art. 64 EuErbVO das Nachlassgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ist der gewöhnliche Aufenthalt im Todeszeitpunkt nicht im Inland gewesen, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland lag; ist auch ein solcher nicht gegeben, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig. Insofern verhält es sich entsprechend wie bei der Zuständigkeit für das Erbscheinsverfahren nach §§ 343 ff. FamFG. Sachlich zuständig ist nach § 34 Abs. 4 IntErbRVG das Amtsgericht als Nachlassgericht.
b) Antragsberechtigung, notwendige Angaben
Rz. 17
Der Antrag auf Erteilung eines ENZ kann nach Art. 65 Abs. 1 EuErbVO von jeder der in Art. 63 Abs. 1 EuErbVO genannten Personen gestellt werden. Dies sind die Erben, dinglich berechtigte Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlasspfleger. Der Kreis der antragsberechtigten Personen ist also enger als bei der Beantragung eines deutschen Erbscheins, bei dem auch die Nachlassgläubiger antragsberechtigt sind. Der Nachlassinsolvenzverwalter ist auch nicht antragsberechtigt nach Art. 63 EuErbVO.
In dem Antrag auf Erteilung eines ENZ sind vom Antragsteller wesentlich umfangreichere Angaben zu machen als bei der Beantragung eines deutschen Erbscheins. Art. 65 Abs. 3 Buchst. a) bis m) EuErbVO verlangt dabei auch die Angabe des beabsichtigten Zwecks des Zeugnisses. Das ENZ soll also gerade nicht erteilt werden, wenn keine grenzüberschreitenden Zusammenhänge des Nachlasses vorhanden sind.
c) Inhalt
Rz. 18
Der Inhalt des ENZ ist ebenfalls wesentlich umfangreicher als der eines nach deutschem Recht erteilten Erbscheins. Während ein Erbschein nach § 352 b FamFG lediglich den Erblasser, den Erben, eine Vor- und Nacherbschaft sowie eine angeordnete Testamentsvollstreckung enthalten darf, sind die Angaben in einem ENZ deutlich umfangreicher. Das ENZ muss gemäß Art. 68 EuErbVO zum einen die genaue Bezeichnung der ausstellenden Behörde, des Aktenzeichens und die Umstände, aus denen die Ausstellungsbehörde ihre Zuständigkeit für die Ausstellung des Zeugnisses herleitet, enthalten, zum anderen aber auch detaillierte Angaben gemäß Art. 68 Buchst. e EuErbVO zum Antragsteller: Name (ggf. Geburtsname), Vorname(n), Geschlecht, Geburtsdatum und -ort, Personenstand, Staatsangehörigkeit, Identifikationsnummer (sofern vorhanden), Anschrift und etwaiges Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnis zum Erblasser. Ebenso ist der Erblasser genau zu bezeichnen. Auch muss das ENZ gemäß Art. 68 Buchst. h EuErbVO Angaben zum Güterstand enthalten, aber nicht zum Güterrechtsstatut. Die nicht zwingende Angabe des Güterrechtsstatuts wirft in der Praxis Probleme auf, da das Güterrechtsstatut maßgeblich für das anzuwendende Recht ist. Es stellt sich somit auch die Frage, inwieweit ein nach einem bestimmten Landesrecht abgeschlossener Ehevertrag, hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf das materielle Recht, von der das ENZ ausstellenden Behörde berücksichtigt wird. Zwar ist in Art. 1 EuErbVO geregelt, dass die EuErbVO nicht in die bestehenden nationalen güterrechtlichen Regelungen eingreift, jedoch stellt sich die Frage, wie die von Todes wegen zu beachtenden güterrechtlichen Wirkungen, wie dies bei § 1371 Abs. 1 BGB der Fall ist, im ENZ ausgewiesen werden sollen. Der EuGH hat nun entschieden, dass nur eine erbrechtliche Auswirkung im ENZ ausgewiesen werden soll, also nicht eine güterrechtliche Betrachtung auch erfolgen darf. Ein Teil der Lit. und Rspr. hat dem sog. erbrechtlichen Viertel nach § 1371 Abs. 1 BGB eine güterrechtliche Qualifikation zugesprochen. Die wohl h.M. geht von einer sowohl güter- als auch erbrechtlichen Qualifikation von § 1371 Abs. 1 BGB aus. Die Diskussion, die sich bis zum 17.8.2015, dem Datum des Inkrafttretens der EuErbVO, rein auf die Fragen des Internationalen Privatrechts bezog, ist nun neu entbrannt anlässlich der Rechtsentwicklungen zur EuErbVO.
Rz. 19
Das ENZ muss ferner das anzuwendende Recht nach Art. 68 Buchst. i EuErbVO angeben und auch Angaben darübe...