I. Ausländische Rechtsordnungen
Rz. 11
Die Legitimationsnachweise eines Erben sind in vielen Rechtsordnungen ganz unterschiedlich geregelt. Auch in Europa sind die Unterschiede ganz erheblich. Das österreichische Recht setzt positiv nach §§ 797–799 AGBGB, §§ 116 ff. AußStrG zunächst einmal voraus, dass eine sog. Erberklärung abgegeben wird, der Erbe also erklärt, dass er die Erbschaft annimmt; zeitgleich oder später muss der sog. Erbrechtsausweis erfolgen, der Erbe also nachweisen, worauf er sein Erbrecht stützt. Ähnlich dem deutschen Erbrecht hat der Nachweis des gesetzlichen Erbrechts über Standesurkunden, also Geburtsurkunden, Heiratsurkunden und dergleichen zu erfolgen. Der berufene Erbe hat ein entsprechendes formgültiges Testament nachzuweisen. Das schweizerische Recht geht wie das deutsche Recht davon aus, dass der Erbe nahtlos in die Rechtsstellung des Erblassers mit dessen Tod eintritt. Auch das Erbrecht der Schweiz sieht eine dem deutschen Erbschein vergleichbare Form des Erbausweises vor, nämlich eine Erbbescheinigung. Die Stellung des eingesetzten Erben ist jedoch hinsichtlich des Nachweises über die Erbbescheinigung schwächer ausgestaltet als im deutschen Recht. Der schweizerische Gesetzgeber bevorzugt insofern die gesetzlichen Erben. Vieles ist dabei rechtlich bis dato noch nicht abschließend geklärt. Eine Erbbescheinigung nach schweizerischem Recht wird jedoch für das deutsche Grundbuch nicht als ausreichender Erbnachweis akzeptiert. Hingegen wird für das schweizerische Grundbuch sowohl der deutsche Erbschein als auch ein in öffentlicher Form errichtetes Testament nebst Eröffnungsprotokoll als genügender Nachweis akzeptiert. Der Erbennachweis in den Niederlanden wird ebenfalls nicht über einen dem deutschen Erbrecht vergleichbaren Erbschein geführt. Die sog. verklaring van erfrecht nach Art 4: 188 NBW ist nicht mit einer dem § 2365 BGB vergleichbaren Rechtsvermutung ausgestattet.
Rz. 12
Das italienische Erbrecht kennt ebenfalls keinen dem deutschen Erbrecht vergleichbaren Erbschein. Die Nachweisführung, wer Erbe geworden ist, kann aber in der Praxis durch einen sog. acte de notoriete vor einem öffentlichen Beamten abgegeben werden. Einzig in den Teilgebieten von Südtirol, Triest und Görz, die bis zum I. Weltkrieg zu Österreich gehörten, gilt noch das damalige österreichische Grundbuchsystem, wonach die Gerichtsbehörden einen Erbschein erteilen können.
Rz. 13
Der Nachweis des Erbrechts in Frankreich wird regional unterschiedlich durch zwei verschiedene Arten von Urkunden geführt. In den französischen Landesteilen, Haut Rhin, Bas Rhin, Mosselle sowie Elsaß-Lothringen ist der deutsche Erbschein als sog. certification d’heriter als Besonderheit der wechselvollen Geschichte dieser Landesteile erhalten geblieben. Die certification d’heriter entfaltet innerhalb der aufgeführten Landesteile die entsprechende Rechtskraft, gleich einem deutschen Erbschein. Im restlichen Staatsgebiet von Frankreich wird der Erbrechtsnachweis primär durch die sog. acte de notoriété geführt. Einen ganz anderen Weg gehen die Länder des common law. Das Vermögen geht zunächst auf eine zwischenberechtigte Person über, den personal representative. Dieser legitimiert sich als executor durch einen grant of probate und als administrator durch einen letter of administration.
II. Die EuErbVO
1. Allgemeines
Rz. 14
Die EuErbVO trat mit Wirkung zum 17.8.2015 in Kraft. Da sich gemäß Art. 21 EuErbVO die Erbfolge nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes im Todeszeitpunkt richtet (Erbstatut), kann ein Erblasser durch letztwillige Verfügung nach Art. 22 EuErbVO eine Wahl des Erbstatuts vornehmen. Er kann nach Art. 22 EuErbVO sein Heimatrecht wählen, also das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Die EuErbVO findet auf alle Nachlassfälle in den Mitgliedstaaten der EU seit dem 17.8.2015 Anwendung, bis auf Irland, Dänemark und das Vereinigte Königreich, die der Verordnung nicht beigetreten sind. Bedeutendste Änderung gegenüber der früheren Rechtslage ist dabei, dass für die Frage des anwendbaren Erbrecht...