A. Übersicht

 

Rz. 1

Die §§ 23, 32 und 33 enthalten ein Sonderstreitwertrecht für Rechtsanwälte. Bei § 23 handelt es sich um eine Vorschrift, die auf andere Gesetze verweist. Sie stellt klar, nach welchem Gegenstandswert der Anwalt abzurechnen hat und wie dieser Wert zu ermitteln ist. Der Anwalt kann gegenüber seinem Mandanten danach abrechnen, auch wenn das Gericht keinen Gegenstandswert festgesetzt hat.

 

Rz. 2

Demgegenüber handeln die §§ 32 und 33 (nur) von der gerichtlichen Festsetzung des für die Vergütungsabrechnung maßgebenden Werts und des dabei zu beachtenden Verfahrens. Kürzer ausgedrückt: § 23 enthält das materielle Bewertungsrecht, die §§ 32 und 33 enthalten die zugehörige Verfahrensordnung.

 

Rz. 3

Die Regelung ist kompliziert und reichlich undurchsichtig. Für ihr Verständnis ist es daher unerlässlich, die systematischen Zusammenhänge zu erkennen. Dabei sind zu unterscheiden:

die Wertfestsetzung in gerichtlichen Angelegenheiten,
die Wertfestsetzung in außergerichtlichen Angelegenheiten, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnten, und
die Wertfestsetzung in Angelegenheiten, derentwegen ein gerichtliches Verfahren nicht in Betracht kommt.

Unterschiedlich sind darüber hinaus die Beschwerdemöglichkeiten des Rechtsanwalts geregelt.

B. Wertberechnung und Festsetzung in einem gerichtlichen Verfahren

I. Gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit stimmen überein

 

Rz. 4

Stimmen gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit überein, so gilt Folgendes:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 S. 1). Das ist der übergeordnete Grundsatz.
Die Festsetzung des gerichtlichen Streitwerts bindet den Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Gebührenberechnung (§ 32 Abs. 1). Er kann zwar mit seinem Mandanten eine höhere Vergütung vereinbaren (§ 3a). Diese ist jedoch nicht erstattungsfähig.
Der Anwalt hat ein eigenes Antragsrecht auf Streitwertfestsetzung (§ 32 Abs. 2 S. 1).
Erscheint dem Anwalt der gerichtlich festgesetzte Streitwert zu niedrig, dann kann er dagegen aus eigenem Recht Streitwertbeschwerde einlegen (§ 32 Abs. 2 S. 1). Es handelt sich dabei um eine einfache Beschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG.
Eine weitere Beschwerde ist möglich, aber nur gegen Beschwerdeentscheidungen des LG.
Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ist ausgeschlossen (§ 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

II. Gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit stimmen nicht überein

 

Rz. 5

Es kommt vor, dass sich die Anwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen. Dann gilt Folgendes:

Auch hier hat der Anwalt ein eigenes Recht auf Festsetzung des Gegenstandswerts, sobald seine Vergütung fällig ist (§ 33 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2). Da das GKG solche Sachverhalte nicht regelt, sind dafür eigenständige Bewertungsvorschriften notwendig. Diese sind in § 23 Abs. 3 genannt.
Gegen die auf Antrag des Anwalts beschlossene Festsetzung des Gegenstandswerts hat dieser ein befristetes Beschwerderecht, das in § 33 Abs. 3 geregelt ist. Zulässig ist die Beschwerde entweder, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (= Beschwerdeantrag) 200 EUR übersteigt oder das Gericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat (§ 33 Abs. 3).
Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat (§ 33 Abs. 6 S. 1). Sie ist als Rechtsbeschwerde ausgestaltet, so dass der Beschwerdeführer keine neuen Tatsachen einführen kann, sondern nur mit der Rüge gehört wird, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Gesetzesverletzung (§ 33 Abs. 6 S. 2). Zuständig ist das OLG, das an die Zulassung gebunden ist. Die Nichtzulassung ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 6 S. 4, Abs. 4 S. 4). Der BGH ist nie zuständig (§ 33 Abs. 4 S. 3).
Stets ist Voraussetzung einer Vorlage die Vorabprüfung durch das Beschwerdegericht, ob der Beschwerde abzuhelfen ist (§ 33 Abs. 4 S. 1).
Gerichtsgebühren fallen nicht an; Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9).

C. Wertberechnung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens

I. Kein gerichtliches Verfahren möglich

 

Rz. 6

Der Grundsatz des § 23 Abs. 1 S. 1, wonach sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet, wird durch § 23 Abs. 1 S. 3 auf Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens übertragen. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Die Vorschrift gilt für anwaltliche Tätigkeiten auch dann, wenn im konkreten Fall ein gerichtliches Verfahren nicht nachfolgt oder nicht vom Auftrag umfasst ist oder sich die Angelegenheit für den Rechtsanwalt erledigt, bevor er in dem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren tätig werden kann. Es handelt sich danach um Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, bei denen ein gerichtliches Verfahren denkbar wäre.[1] Bei der Abgrenzung, ob der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, kommt es darauf an, ob ein materiell-rechtlicher Anspruch des Mandanten besteht oder bestehen könnte. Entscheidend is...

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