Rz. 35
Verstößt eine Klausel oder verstoßen mehrere Klauseln gegen § 307 ff. BGB, so entfallen diese Klauseln grundsätzlich ersatzlos und der Vertrag bleibt i.Ü. wirksam, § 306 BGB. Diese Nichtigkeit der Klauseln ist von Amts wegen zu beachten. Auch das Grundbuchamt oder das Vollstreckungsgericht haben die Nichtigkeit von Amts wegen zu beachten.
Rz. 36
Geltungserhaltende Reduktion: Verstößt eine Klausel teilweise gegen die § 307 ff. BGB, so ist diese nicht etwa auf einen zulässigen Bereich zu reduzieren, sondern entfällt ersatzlos im Ganzen. Eine geltungserhaltende Reduktion ist unzulässig. Im Einzelfall hat der BGH jedoch Ausnahmen zugelassen. So soll bei einer kartellrechtlich unzulässigen Abgrenzungsvereinbarung das Verbot nicht gelten.
Rz. 37
Dies gilt sowohl im Verkehr mit Verbrauchern wie auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr; ebenso im Arbeitsrecht und bei Einmalklauseln i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und privilegierten Klauseln nach § 310 Abs. 2 BGB. Ohne diesen Schutzzweck würde das Ziel, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten, nicht erreicht und der Verwender könnte sanktionslos überzogene Klauseln verwenden. Zunächst muss eine Differenzierung erfolgen, für welche Vertragstypen und Konstellationen die Klausel gelten soll. Ist die Klausel nach den AGB (und auch der Überschrift) gleichermaßen für den B2B wie den B2C-Verkehr ausgelegt und nach dem Wortlaut hierfür anwendbar, so kann eine im letzten Fall unwirksame Klausel nicht für den unternehmerischen Geschäftsverkehr aufrechterhalten bleiben. Gleichwohl sollte nach dem UKlaG hier nur beantragt werden, die Unwirksamkeit für den Verkehr mit Verbrauchern festzustellen.
Rz. 38
Auch bei preisgebundenem Wohnraum gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, selbst wenn der Vermieter hierdurch (bei Entfall der unwirksamen Klausel über Schönheitsreparaturen) die Miete erhöhen kann. Der Zuschlag nach § 28 Abs. 4 II. BV beruht nicht auf einer (unzulässigen) Umgestaltung der unwirksamen Klausel über Schönheitsreparaturen, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem dispositiven Gesetzesrecht.
Rz. 39
Das Verbot der Aufrechnung mit Ausnahme von unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen würde dazu führen, dass in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrags auch mangelhafte oder unfertige Leistungen im vollen Umfang vergütet werden müssten, obwohl Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungsansprüche oder Fertigstellungskosten bestehen. Insoweit ist die Klausel insgesamt unwirksam.
Rz. 40
Eine ergänzende Vertragsauslegung kann bei der Unwirksamkeit von AGB grundsätzlich nicht erfolgen, da hierdurch das Risiko der Verwendung ähnlich einer verbotenen geltungserhaltenden Reduktion teilweise auf den Vertragspartner verlagert würde (siehe auch Stichwort "Banken"). Das BAG zieht die ergänzende Vertragsauslegung bei der Unwirksamkeit von Widerrufsklauseln, wonach Zusagen (ohne Angabe von Gründen) widerrufen werden können, heran, soweit die Klauseln vor dem 1.1.2002 vereinbart wurden.
Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt.
Rz. 41
Ebenso sind typische Konstellationen und Fallgruppen in der Klausel zu berücksichtigen, Haftungsausschlüsse oder Einschränkungen wieder freizugeben, sofern eine Fallkonstellation vorliegt, die nicht beschränkt werden kann.
Rz. 42
Auslegungsalternativen, selbstständige und eigenständige Sachverhalte und untypische Ausnahmefälle müssen jedoch nicht in der Klausel bedacht werden.
Rz. 43
Bei einem Ausschluss der Sachmängelhaftung muss die Garantie nicht besonders freigestellt werden.
Rz. 44
Laufzeitregelungen und Kündigungsverzichte müssen nach dem BGH die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund nicht besonders erwähnen.
Rz. 45
Dies ist wenig überzeigend, da gerade im Verkehr mit Verbrauchern dem Kunden erklärt werden kann, er könne hier (generell) nicht kündigen. Die Klausel ist daher geeignet, den Kunden von der Geltendmachung berechtigter Ansprüche abzuhalten.
Rz. 46
Die Rechtsprechung ist auch widersprüchlich, wenn ein Hinweis auf § 627 BGB verlangt wird.
Rz. 47
Eine Einschränkung "Dies gilt nicht, wenn der Verwender selber den Mangel, den Schaden etc. zu vertreten hat" ist dagegen nicht erforderlich.
Rz. 48
Ebenso der Bundesgerichtshof in der "Kaltwasserentscheidung": Auch wenn der Mieter nach § 242 BGB einen Anspruch darauf hat, dass der Umlagemaßstab zu ändern ist, wenn der bisherige Maßstab zu einer krassen Ungerechtigkeit führt, führt dies alleine noch nicht zur Wirksamkeit einer Klausel, wenn es diese ermöglicht, das Leerstandsrisiko durch die Umlageklausel auf...