Rz. 19
Die Berufung auf eine wirksame Klausel kann insbesondere ein widersprüchliches Verhalten sein, für das § 242 BGB als Ausübungskontrolle eingreift. Wirkt sich eine unwirksame Klausel zugunsten des Kunden aus, so kann sich dieser umgekehrt auf die Klausel berufen und insoweit deren Einhaltung fordern. Der Verwender würde widersprüchlich handeln, wollte er den Einwand des Kunden, der Verwender habe sich so behandeln zu lassen, wie er dies in seinen AGB zum Ausdruck bringt, nicht zulassen. Auch greift § 242 BGB ein, soweit die §§ 305 ff. BGB nicht anwendbar sind, etwa auf dem Gebiet des Familien- und Erbrechts sowie des Gesellschaftsrechts, § 310 Abs. 4 BGB. Grundsätzlich hat jedoch die Inhaltskontrolle Vorrang vor der Anwendung des § 242 BGB und der Ausübungskontrolle. Die Abgrenzung ist jedoch nicht immer einfach. Die Berufung auf ein wirksames Aufrechnungsverbot kann nach der Rechtsprechung unwirksam sein, wenn sich der Verwender in Vermögensverfall befindet. Denkbar wäre es auch, den Verwender zu dieser Ausnahme in der Klausel zu verpflichten, da es sich um eine typische Fallkonstellation handelt und die Klausel ohne diesen Zusatz als Verstoß gegen § 307 BGB anzusehen ist. Der Begriff "Vermögensverfall" müsste dann natürlich klarere Konturen bekommen, etwa durch den Begriff "zahlungsunfähig". Ebenso könnte bei einem Haftungsausschluss der Umstand, dass dieser nicht gelten solle bei einem eigenen Verschulden des Verwenders am Schaden, verlangt werden, dass die Klausel dies bereits klarstellt.
Rz. 20
Mittelbare Verstöße gegen den Klauselkatalog lassen sich jedoch durch seine direkte oder analoge Anwendung lösen; so kann eine mittelbare Verkürzung der Verjährung (indem etwa eine frühere Abnahme gelten soll) gleichwohl über § 309 Nr. 8b BGB als unwirksam angesehen werden.
Rz. 21
Die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders; der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten AGB berufen und darf aus einer solchen Unwirksamkeit keine Vorteile ziehen.
Rz. 22
Mit gleicher Begründung müsste ein Kunstauktionator in einem Haftungsausschluss in Versteigerungsbedingungen eine Ausnahme für das Fälschungsrisiko machen. Lediglich die Berufung auf den Haftungsausschluss nach Treu und Glauben zu verwehren, ist bei einer derart typischen Konstellation verfehlt.
Rz. 23
Allgemein lässt sich sagen, dass typische Fallkonstellationen bereits in der Klausel berücksichtigt werden müssen. Ohne diese Klarstellung ist die zu weit gefasste Klausel insgesamt unwirksam (soweit keine Teilbarkeit vorliegt) und kann nicht geltungserhaltend reduziert werden.
Rz. 24
Ebenso der Bundesgerichtshof in der "Kaltwasserentscheidung": Auch wenn der Mieter nach § 242 BGB einen Anspruch darauf hat, dass der Umlagemaßstab zu ändern ist, wenn der bisherige Maßstab zu einer krassen Ungerechtigkeit führt, führt dies alleine noch nicht zur Wirksamkeit einer Klausel, wenn es dem Vermieter (faktisch) ermöglicht, das Leerstandsrisiko durch die Umlageklausel auf den Mieter weitgehend abzuwälzen. Die Klausel muss vielmehr selber einen derartigen Vorbehalt enthalten; dies ist nicht der Fall, da die Umlegung der Grundgebühr nach erfasstem Wasserverbrauch zwingend angeordnet wird.