I. Allgemeine Beschreibung
Rz. 4
Probleme bereitet regelmäßig die Beantwortung der Frage, wann "dieselbe Angelegenheit" vorliegt, weil der Anwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal fordern kann (§ 15 Abs. 2), auch wenn er dabei für mehrere Auftraggeber tätig wird (§ 7 Abs. 1).
Rz. 5
Nach der BGH-Rechtsprechung betreffen weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann daher auch noch vorliegen, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen prüfen oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben erfüllen muss. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird.
Demnach liegt dieselbe Angelegenheit vor, wenn der Anwalt in demselben Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren tätig ist. Wird er in mehreren Verfahren tätig, handelt es sich grundsätzlich um verschiedene Angelegenheiten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Anwalt zwar mehrere getrennte Anträge gestellt und damit mehrere Verfahren eingeleitet hat, deren Verbindung aber entsprechend § 18 ZVG möglich und geboten gewesen wäre. Da der Anwalt durch eine solche willkürliche Trennung seine Pflichten aus dem Mandatsverhältnis verletzt, weil er unnötige und damit auch nicht erstattungsfähige Kosten verursacht, liegt insoweit aus materiell-rechtlichen Gründen nur eine Angelegenheit vor. Ist allerdings sowohl eine getrennte als auch eine gehäufte Verfahrensführung ernsthaft in Betracht zu ziehen, muss der Rechtsanwalt das Für und Wider des Vorgehens unter Einbeziehung der Kostenfolge dem Auftraggeber darlegen und seine Entscheidung herbeiführen.
Rz. 6
Hat es zunächst mehrere Verfahren gegeben, die sodann gemäß § 18 ZVG miteinander verbunden werden, bleiben die in den getrennten Verfahren einmal entstandenen Gebühren bestehen. Sind Gebührentatbestände (hier: die Verfahrensgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 2) jeweils sowohl vor als auch nach der Verbindung entstanden, steht dem Rechtsanwalt ein Wahlrecht zu, ob er die gemäß § 15 Abs. 4 unentziehbar entstandenen Gebühren aus den Einzelwerten der verschiedenen Verfahren oder die Gebühr aus dem Gesamtwert nach der Verbindung verlangt. Ab dem Zeitpunkt der Verbindung liegt dieselbe Angelegenheit vor, so dass nunmehr die Gebühren nur einmal entstehen, allerdings aus dem zusammengerechneten Wert aller dieser Verfahren.
Beispiel: Der Gläubiger A betreibt wegen einer persönlichen Forderung die Zwangsversteigerung in drei Grundstücke des Schuldners, die in Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen sind, in getrennten Verfahren wegen derselben Forderung (Gesamthypothek, § 1132 BGB), jedoch jeweils nur wegen eines Teilbetrages von 10.000, 20.000 bzw. 30.000 EUR. Ein Gesuch gemäß § 2 Abs. 2 ZVG war auf ausdrücklichen Wunsch des Gläubigers nicht gestellt worden; dieses hatte anschließend der Schuldner gestellt. Nach Bestimmung des zuständigen Gerichts sind die Verfahren sodann gemäß § 18 ZVG noch vor dem Versteigerungstermin verbunden worden.
Die Verfahrensgebühr nach Anm. Nr. 1 zu VV 3311 erhält der Anwalt nach seiner Wahl in jedem dieser drei Verfahren, insgesamt also 3 x 0,4 unter Zugrundelegung der jeweiligen Einzelwerte, oder eine Verfahrensgebühr (1 x 0,4) aus dem Gesamtwert von 60.000 EUR. Die – nach der Verbindung – entstandene Terminsgebühr nach VV 3312 erhält er hingegen nur einmal, allerdings aus einem Gegenstandswert von 60.000 EUR.
Daraus ergibt sich im Einzelnen: