A. Verfahren über die Rechtsbeschwerde

 

Rz. 1

Die unmittelbare Rechtsbeschwerde ist für den Betroffenen nur in den Fällen des § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 OWiG zulässig. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn sie von dem OLG bzw. dem BGH auf Antrag zugelassen worden ist (§ 72 Abs. 1 S. 2 OWiG); siehe Rdn 9 ff. zum Zulassungsverfahren.

 

Rz. 2

Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde richtet sich die Vergütung des Anwalts nach Unterabschnitt 4.

 

Rz. 3

Unerheblich ist, vor welchem Gericht das Rechtsbeschwerdeverfahren stattfindet, also ob es vor dem OLG stattfindet (§ 79 OWiG) oder vor dem BGH (z.B. § 84 GWB, § 63 WpÜG, § 99 EnWG).

 

Rz. 4

Ergänzend gelten die Allgemeine Gebühr der VV 5100 und die zusätzlichen Gebühren der VV 5115 und 5116.

 

Rz. 5

Für den erstinstanzlich tätigen Verteidiger zählt die Einlegung der Rechtsbeschwerde nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 noch zum erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren. Für ihn beginnt das Verfahren über die Rechtsbeschwerde daher erst mit der weiteren Tätigkeit.

 

Rz. 6

Für den erstinstanzlich nicht tätigen Verteidiger zählt dagegen schon die Einlegung der Rechtsbeschwerde zur ersten Instanz.

 

Rz. 7

Wird die Rechtsbeschwerde von der Staatsanwaltschaft eingelegt, beginnt für jeden Verteidiger damit bereits das Rechtsbeschwerdeverfahren.

 

Rz. 8

Die Bewilligung einer Pauschgebühr ist möglich, und zwar sowohl für den Wahlanwalt (§ 42) als auch für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt (§ 51).

B. Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde

 

Rz. 9

Ist die Rechtsbeschwerde nicht bereits kraft Gesetzes nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 OWiG zulässig, muss die Zulassung beim Rechtsbeschwerdegericht beantragt werden (§ 79 Abs. 1 S. 2 OWiG). Eine ausdrückliche Gebührenregelung für das Verfahren auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 80 Abs. 2 OWiG) fehlt im Gesetz. Eine solche Regelung ist allerdings auch nicht erforderlich.

 

Rz. 10

Das Verfahren auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht als Beschwerdeverfahren ausgestaltet, das nach § 17 Nr. 9 eine eigene Gebührenangelegenheit wäre. Vielmehr entscheidet hier das Rechtsmittelgericht selbst, ob es die bei ihm durchzuführende Rechtsbeschwerde zulässt. Wie sich aus § 16 Nr. 11 ergibt, zählt ein solches Verfahren über die Zulassung des Rechtsmittels zur Angelegenheit. Mit dem Zulassungsverfahren beginnt also gebührenrechtlich bereits das Rechtsbeschwerdeverfahren, so dass die Gebühren nach Abschnitt 4 über § 16 Nr. 11 auch unmittelbar für das Verfahren auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gelten.

 

Rz. 11

Zu beachten ist allerdings § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10, wonach die Stellung des Zulassungsantrags für den erstinstanzlichen Verteidiger noch zur ersten Instanz gehört.

 

Rz. 12

Des Weiteren ist zu beachten, dass das Verfahren auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und ein nach Zulassung durchgeführtes Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 16 Nr. 11 insgesamt nur eine einzige Angelegenheit darstellen, so dass die Gebühren auch nur einmal entstehen können (§ 15 Abs. 2).

 

Rz. 13

Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, verbleibt es bei den im Zulassungsverfahren entstandenen Gebühren.

C. Mehrere Rechtsbeschwerdeverfahren

 

Rz. 14

Möglich ist, dass mehrere Rechtsbeschwerden erhoben werden.

Soweit sich die Rechtsbeschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten, liegt lediglich eine Angelegenheit vor.

 

Beispiel: Das Gericht hat eine Geldbuße in Höhe von 1.000 EUR verhängt. Hiergegen legt der Betroffene Rechtsbeschwerde ein, da er einen Freispruch erstrebt. Die Staatsanwaltschaft legt Rechtsbeschwerde mit dem Ziel der Erhöhung der Geldbuße ein.

Da sich beide Rechtsmittel gegen dieselbe Entscheidung richten, ist insgesamt nur eine Angelegenheit gegeben. Der höhere Aufwand kann nur im Rahmen des § 14 Abs. 1 berücksichtigt werden.

 

Rz. 15

Werden gegen verschiedene Entscheidungen Rechtsbeschwerden eingelegt, liegen dagegen mehrere Angelegenheiten vor, so dass die Gebühren der VV 5113 auch mehrmals anfallen können.

 

Beispiel: Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hebt das OLG das Urteil des AG auf und verweist die Sache an das AG zurück. Dieses verurteilt den Betroffenen erneut. Hiergegen wird wiederum Rechtsbeschwerde eingelegt.

Nicht nur die Gebühren des amtsgerichtlichen Verfahrens erhält der Anwalt zweimal (§ 21 Abs. 1), sondern auch die Gebühren für das Rechtsbeschwerdeverfahren, da sich die Rechtsbeschwerden gegen zwei verschiedene Entscheidungen richten und beide Rechtsbeschwerden daher selbstständige Angelegenheiten sind (§ 17 Nr. 1).

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