A. Überblick
Rz. 1
Die Grundbuchordnung (GBO) regelt im vierten Abschnitt (§§ 71–81 GBO) das Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen in Grundbuchsachen. Die §§ 71–77 GBO enthalten Vorschriften über die Erstbeschwerde, § 78 GBO befasst sich mit der Rechtsbeschwerde, während § 81 GBO ergänzende Regelungen für beide Rechtsmittelzüge trifft. Aufgehoben wurden die §§ 79 f. GBO, die das frühere Verfahren der Divergenzvorlage an den BGH betrafen.
B. Anwendung sonstiger Verfahrensgesetze
I. Grundsatz
Rz. 2
Die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren in den §§ 71 ff. GBO sind nicht abschließend. Geregelt hat der Gesetzgeber die Statthaftigkeit der Beschwerde (§ 71 GBO), das zuständige Beschwerdegericht (§ 72 GBO), die Form und den Adressaten für die Einlegung der Beschwerde (§ 73 GBO), den Umfang des Beschwerdevorbringens (§ 74 GBO), die Abhilfebefugnis des Grundbuchamtes (§ 75 GBO), die einstweilige Anordnung (§ 76 GBO), die Beschwerdeentscheidung (§ 77 GBO), die Rechtsbeschwerde (§ 78 GBO) sowie die Besetzung der Rechtsmittelgerichte (§ 81 Abs. 1 GBO). Zudem enthält der vierte Abschnitt Bestimmungen über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 81 Abs. 2 GBO) sowie über die Möglichkeit der Einlegung einer Gehörsrüge (§ 81 Abs. 3 GBO). Weil das Grundbuchverfahren Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 1 FamFG, § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG) ist, können ergänzend die Regelungen des FamFG herangezogen werden, soweit die GBO keine Sonderbestimmungen enthält. Insoweit ergeben sich in Einzelfällen durchaus Abweichungen zum Beschwerderecht des FamFG.
II. Anwendbarkeit der Vorschriften des FamFG
Rz. 3
Anwendbar aus dem FamFG sind für die Rechtsmittelverfahren z.B. § 2 Abs. 3 FamFG für die Entscheidung eines unzuständigen Beschwerdegerichts (siehe § 72 GBO Rdn 6), §§ 10, 11 FamFG für die Vertretung (siehe § 71 GBO Rdn 88 ff., § 73 GBO Rdn 6), § 35 FamFG für die Festsetzung von Zwangsmittel, § 38 FamFG für die Beschlussform und den Erlass, § 39 FamFG für die Rechtsbehelfsbelehrung, § 40 FamFG für die Wirksamkeit, § 41 FamFG für die Bekanntgabe, §§ 49 ff. FamFG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (siehe § 76 GBO Rdn 5), § 66 FamFG für die Anschlussbeschwerde (siehe § 73 GBO Rdn 19 ff.), § 67 FamFG für den Verzicht auf die Beschwerde und die Rücknahme der Beschwerde (siehe § 73 GBO Rdn 24 ff.), §§ 76 ff. FamFG für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe, §§ 80 ff. für die Kosten des Beschwerdeverfahrens (siehe § 73 GBO Rdn 22, 27, § 77 GBO Rdn 43 ff.) und für die Rechtsbeschwerde aufgrund der Verweisung in § 78 Abs. 3 GBO die §§ 71–74a FamFG. Strittig ist, ob sich die isolierte Anfechtung der Kostengrundentscheidung nach §§ 58 ff. FamFG oder nach § 71 GBO richtet. Erheblich ist diese Frage wegen des Wertes der Beschwer, da § 71 GBO abweichend von § 61 Abs. 1 FamFG keine Beschwerdewert vorsieht (siehe Rdn 41).
III. Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO
Rz. 4
Die Vorschriften der ZPO sind i.d.R. nicht anwendbar. Dies gilt auch, wenn es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme in Form der Eintragung einer Zwangshypothek (§ 866 ZPO) handelt und der Beschwerdeführer das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen rügt oder wenn aufgrund einer einstweiligen Verfügung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wird. Nur soweit die GBO bzw. das ergänzend heranzuziehende FamFG die Bestimmungen der ZPO für die Anfechtung von Zwischen- und Nebenentscheidungen für entsprechend anwendbar erklären (z.B. in § 81 Abs. 2 GBO für die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen oder in § 35 Abs. 5 FamFG für die Zwangsmittelfestsetzung), sind diese Regelungen anzuwenden.
Rz. 5
Wird über die Verweisung auf die ZPO eine Beschwerdemöglichkeit eröffnet, richtet sich das Rechtsmittel und sein Verfahren nach den Vorschriften der ZPO (§§ 567 ff. ZPO). Die Beschwerde ist in diesem Fall in einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses beim Grundbuchamt oder beim Beschwerdegericht durch schriftliche (§ 569 Abs. 2 S. 1 ZPO) oder elektronische (vgl. § 130a ZPO) Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 569 Abs. 3 ZPO) einzulegen. Gem. § 130d S. 1 ZPO müssen seit dem 1.1.2022 Rechtsanwälte, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse in Beschwerdeverfahren nach §§ 567 ff. ZPO die Beschwerdeschrift als elektronisches Dokument einreichen; § 73 Abs. 2 S. 2 GBO findet insoweit keine Anwendung. Dies gilt entsprechend für Notare. Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde ist der originäre Einzelrichter berufen (§ 568 ZPO). Die Beschwerde soll begründet werden (§ 571 ZPO...