Leitsatz
Einer Anschlussberufung durch den Kläger bedarf es nicht, wenn durch eine Änderung des Klagebegehrens nicht die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Klägers herbeigeführt werden soll. Dies gilt u.a., wenn in der Berufungsinstanz ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert wird oder der Antrag unter Beibehaltung des Klagegrundes der rechtlichen Bewertung durch das Berufungsgericht angepasst wird.
Wenn der beschränkt verfügungsberechtigte Vorerbe Gegenstände verschenkt oder deutlich unter Wert abgibt, kann der Nacherbe sie ggf. vom Empfänger zurückverlangen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Nacherbin der Erblasserin, beide Vorerben K und I sind inzwischen verstorben. Zum Nachlass der Erblasserin gehörten diverse Grundstücke. Einige hiervon tausche K gegen ein Grundstück, welches zum damaligen Zeitpunkt dem Beklagten gehörte. Wegen der zugrunde gelegten Wertdifferenz zahlte der Beklagte zudem 185.000 EUR in bar an den Vorerben.
Die Klägerin als Nacherbin begehr nun die Rückübertragung der Grundstücke, da der Grundstückstauschvertrag mit dem Eintritt der Nacherbfolge gem. § 2113 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB unwirksam geworden sei. Die ausgetauschten Leistungen seinen objektiv und erkennbar nicht gleichwertig gewesen; das Grundstück der Beklagten sei 40.500 EUR weniger wert als angegeben.
U.a. nach Einholung von Sachverständigengutachten hat das LG Coburg der Klage in vollem Umfang - Zug-um-Zug gegen Rückerstattung der 185.000 Euro - stattgegeben und einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB bejaht, da es eine Wertdifferenz von 170.750 EUR ermittelt hatte, was eine teilweise unentgeldliche Leistung des Vorerben darstelle.
Der Beklagte wandte sich hiergegen mit der Berufung; die Klägerin beantragte diese zurückzuweisen oder hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, darin einzuwilligen, dass Grundbuch hinsichtlich der betroffenen Grundstücke zu berichtigen. Die Berufung ist unbegründet, jedoch wird der Tenor der Entscheidung entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin abgeändert.
Entscheidung
Die von der Klägerin erklärte Klageänderung war auch ohne Einlegung einer Anschlussberufung zulässig, da sie als Berufungsbeklagte mit dem geänderten Klageantrag im Ergebnis nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen wollte, sondern sich mit dem Hilfsantrag nur der Rechtsauffassung des Beklagten anpasste. Statt der Herausgabe der Grundstücke, verlangt sie nun die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung, im Ergebnis also immer noch die Feststellung, dass sie nach Eintritt des Nacherbfalls Eigentümerin der Grundstücke ist. Diese Antragsänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig und eine Anschlussberufung nicht erforderlich.
Da die Klägerin mit Eintritt des Nacherbfalls gem. § 2113 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BGB Eigentümerin der Grundstücke wurde, steht ihr der Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung, § 894 Abs. 1 BGB, zu.
§ 2113 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BGB führt ex nunc zu einer Unwirksamkeit der betroffnen Verfügungen mit absoluter Wirkung, so dass es eines schuldrechtlichen Übertragungsanspruches nicht bedarf. Im vorliegenden Fall war das Grundbuch mit Eintritt des Nacherbfalls auch unrichtig, da die Voraussetzungen des § 2113 Abs. 2 BGB vom LG zutreffend festgestellt wurden.
Eine unentgeltliche Verfügung i.S.v. § 2113 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Vorerbe - objektiv - ohne gleichwertige Gegenleistung Opfer aus der Erbmasse bringt und - subjektiv - entweder dies weiß oder doch bei ordnungsgemäßer Verwaltung der Masse unter Berücksichtigung seiner Pflicht, die Erbschaft an den Nacherben herauszugeben, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen. Auch bei teilweiser Unentgeltlichkeit führt § 2113 Abs. 2 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Verfügung des Vorerben. Die Frage der Unentgeltlichkeit ist hierbei vom Standpunkt des um eine ordnungsgemäße Verwaltung bemühten Vorerben zu entscheiden. Hier ist - nach Einholung der Sachverständigengutachten nach durch das LG - von einer objektiven Ungleichwertigkeit, die der Vorerbe auch hätte erkennen können, auszugehen und mithin zu Recht die Unwirksamkeit der Verfügung nach § 2113 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB angenommen worden.
Link zur Entscheidung
OLG Bamberg, Urteil vom 08.05.2009, 6 U 38/08