1.2.1 Die bereits umgewandelte Eigentumswohnung

Das Vorkaufsrecht bezieht sich zunächst auf "vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist". Der Gesetzeswortlaut stimmt insoweit mit § 573 BGB überein, wo geregelt ist, dass im Fall der Umwandlung eine Kündigungssperre eintritt.

Das Vorkaufsrecht gilt zunächst für solche Wohnungen, die nach dem Abschluss des Mietvertrags und Überlassung an den Mieter in eine Eigentumswohnung umgewandelt worden sind. Es ist nicht erforderlich, dass die Absicht zur Umwandlung erst nach der Überlassung gefasst wird.

 
Wichtig

Mieter kennt Umwandlungsabsicht

Das Vorkaufsrecht besteht auch dann, wenn die Wohnungen von Anfang an als Eigentumswohnungen geplant wurden und wenn der Mieter vom Umwandlungsplan des Eigentümers Kenntnis hatte.[1]

Bei der Begründung eines Wohnungserbbaurechts nach § 30 WEG ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden, weil Sinn und Zweck des Gesetzes auch diese Gestaltungsform umfasst.

1.2.2 Die noch umzuwandelnde Mietwohnung ("Erwerbermodell")

Weiter gilt das Vorkaufsrecht für "vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet werden soll". Damit wird klargestellt, dass das Vorkaufsrecht auch in solchen Fällen entsteht, in denen die Mietwohnung als noch umzuwandelnde Eigentumswohnung verkauft wird.

Diese Variante gilt, wenn der Erwerber ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück in der Absicht erwirbt, dieses in Wohnungseigentum aufzuteilen (sog. Erwerbermodell). Hier besteht ein Vorkaufsrecht, wenn 3 Voraussetzungen gegeben sind:

  1. Zum einen muss der Mieter einen Rechtsanspruch auf den Erwerb des Sondereigentums (verbunden mit einem entsprechenden Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum) haben; dies ist nur der Fall, wenn der Veräußerer nach dem Kaufvertrag zur Aufteilung verpflichtet ist.

    Es genügt nicht, wenn diese Verpflichtung dem Erwerber obliegt, weil der Mieter keine vertraglichen Ansprüche gegenüber dem Erwerber hat.

  2. Zum anderen muss die Wohnung als solche Gegenstand des Kaufvertrags sein; dies ist nur der Fall, wenn das Wohnungseigentum hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist.[1]
  3. Drittens ist erforderlich, dass die Absicht zur Begründung von Wohnungseigentum zeitlich nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter gefasst wird. Wird die Absicht zur Begründung von Wohnungseigentum bereits vor der Überlassung an den Mieter gefasst, entsteht kein Vorkaufsrecht. Für die Begründungsabsicht reicht eine rein innerlich bestehende Absicht nicht aus; erforderlich ist vielmehr, dass sich die Absicht nach außen manifestiert.

     
    Praxis-Beispiel

    Erkennbare Umwandlungsabsicht

    Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Teilungserklärung notariell beurkundet wird.[2]

1.2.3 Weitere "Erwerbermodelle"

Außerdem ist diese Tatbestandsvariante auf diejenigen "Erwerbermodelle" anzuwenden, für die das OLG Karlsruhe in dem Rechtsentscheid vom 10.7.1992 entschieden hat, dass hierfür die Kündigungssperre gilt. Hier entsteht das Vorkaufsrecht am Miteigentumsanteil. Für die Anwendung des § 577 BGB sprechen dieselben Gründe, mit denen das OLG Karlsruhe die Anwendbarkeit des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB a. F.[1] bejaht hat. Dies ist streitig.[2]

Für sonstige Erwerbermodelle, bei denen keine bestimmte Wohnung und auch kein Miteigentumsanteil an einem Gebäude, verbunden mit der vertraglichen Zuweisung einer bestimmten Wohnung, verkauft wird[3], ist § 570b BGB a. F.[4] unanwendbar. Das sog. Kellermodell wird vom Wortlaut des Tatbestands ebenfalls nicht umfasst, jedoch kann die Vorschrift hierauf entsprechend angewendet werden, weil es keinen wesentlichen Unterschied bedeutet, ob eine "Wohnung mit Keller" oder ein "Keller mit Wohnung" verkauft wird.

[2] Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 577 BGB Rz. 20.
[3] OLG Karlsruhe, RE v. 22.5.1990.

1.2.4 Teilung ohne Verkauf

Die Kündigungssperrfrist tritt immer dann ein, wenn die Wohnung "veräußert" wird; das Vorkaufsrecht gilt nur im Fall des Verkaufs.

 
Hinweis

Kein Vorkaufsrecht bei Übertragung auf WEG-Mitglieder

Hieraus folgt, dass das Vorkaufsrecht ausgeschlossen ist, wenn ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehendes Grundstück gem. § 8 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt und das Wohnungseigentum sodann den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft übertragen wird; in diesem Fall wird die Wohnung nicht "verkauft".

Das Vorkaufsrecht kann allerdings geltend gemacht werden, wenn die Wohnungen von den Eigentümern weiterverkauft werden.

Dieselbe Rechtsfolge gilt, wenn ein Grundstück als Ganzes an eine Bruchteilsgemeinschaft veräußert wird, die sodann nach § 3 WEG Sondereigentum begründet; auch hier entsteht das Vorkaufsrecht erst im Fall des Weiterverkaufs.

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