1.5.1 Mitteilung des Kaufvertrags/Belehrung über Vorkaufsrecht
Für das vertragliche Vorkaufsrecht ist in § 469 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Verkäufer verpflichtet ist, dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des Kaufvertrags mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Dritten (des Käufers) ersetzt. Zusätzlich ist in § 577 Abs. 2 BGB geregelt, dass die jeweilige Mitteilung "mit einer Unterrichtung des Mieters über sein Vorkaufsrecht zu verbinden ist".
Ergänzend hierzu bestimmt § 20 BeurkG, dass der Notar auf das gesetzliche Vorkaufsrecht hinweisen soll, wenn er davon Kenntnis hat, dass eine umgewandelte oder umzuwandelnde Eigentumswohnung verkauft wird. Man wird diese Bestimmung ergänzend dahingehend auslegen müssen, dass sich der Hinweis auch auf die Notwendigkeit der Unterrichtung des Mieters erstrecken soll.
Keine Mitteilungspflicht bei Angehörigen
Eine Mitteilungspflicht besteht nicht, wenn kein Vorkaufsfall gegeben ist, etwa weil die Wohnung an einen Angehörigen verkauft worden ist.
Eine Verpflichtung zur Mitteilung obliegt lediglich dem Vermieter; dessen Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn der Käufer den Mieter über den Inhalt des Kaufvertrags informiert.
Abschrift Kaufvertrag an Mieter
Es genügt nicht, wenn dem Mieter lediglich die Tatsache des Kaufs und der Kaufpreis mitgeteilt wird. Vielmehr muss der Mieter über den gesamten Inhalt des Kaufvertrags in Kenntnis gesetzt werden; dies erfordert regelmäßig die Übersendung einer Abschrift des Kaufvertrags.
Werden mehrere Wohnungen "en bloc" zu einem Gesamtpreis verkauft, so ist der Vermieter nicht verpflichtet, den Mieter über den Einzelpreis zu informieren. Der Einzelpreis ist nach § 467 BGB zu ermitteln.
Schriftlich oder zumindest in Textform informieren
Die Unterrichtungspflicht (Belehrungspflicht) über das Vorkaufsrecht obliegt dem jeweiligen Informanten. Die Mitteilung ist formlos möglich; Schriftform ist aber empfehlenswert. Dabei reicht seit 1.10.2016 bei Verbrauchern (i. S. d. § 13 BGB) für solche Erklärungen aus, sie in Textform (z. B. per Fax, SMS, E-Mail oder eingescannter PDF) abzugeben.
Achten Sie bei der Unterrichtung auf einen beweisbaren Zugang, z. B. Einwurf durch Boten, der auch den Inhalt des eingeworfenen Schreibens kennen muss, oder lassen Sie sich die Unterrichtung vom Mieter in Textform bestätigen.
1.5.2 Rechtsfolgen unterlassener Mitteilung
Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beginnt erst mit der Mitteilung des Inhalts des mit dem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrags; sie beträgt 2 Monate ab diesem Zeitpunkt.
Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, kommt zwischen dem Mieter und dem Vermieter ein zweiter Kaufvertrag zustande. Erfüllt der Vermieter diesen Vertrag, so entsteht dem Mieter kein Schaden.
Kann der Vermieter den Vertrag mit dem Mieter nicht erfüllen, steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch zu. Ein Fall der Nichterfüllung wegen anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit liegt in der Regel vor, wenn der Vermieter dem Dritten bereits das Eigentum übertragen hat; eine Ausnahme gilt, wenn der Vermieter gleichwohl zur Erfüllung in der Lage ist.
Schadensberechnung durch Vermögensvergleich
Für die Höhe des Anspruchs ist maßgeblich, in welchem Umfang das Vermögen des Mieters infolge der Vereitelung des Vorkaufsrechts gemindert wurde. Bei diesem Vermögensvergleich ist zum einen die Differenz zwischen dem (höheren) Verkehrswert der Wohnung und dem vom Mieter zu zahlenden (niedrigeren) Kaufpreis zu ermitteln. Zum anderen sind alle Nebenkosten zu berücksichtigen, die der Mieter bei Ausübung des Vorkaufsrechts hätte aufbringen müssen.
Nebenkosten des Mieters
Hierzu zählen die Notarkosten, die im Kaufvertrag geregelten Maklerkosten, die Grundbuchgebühren, die Grunderwerbsteuer sowie die Finanzierungskosten.
Der Umstand, dass die Mietzahlung bei einem geglückten Eigentumserwerb entfällt, spielt bei der Schadensberechnung keine Rolle, weil die jedem Eigentum innewohnende Möglichkeit, die Sache selbst oder durch Vermietung nutzen zu können, in ihrem Verkehrswert bereits enthalten ist; sie kann deshalb nicht zusätzlich neben dem Verkehrswert der Sache als Schadensposition angesetzt werden.
Freie Wahl des Vertragspartners
Der Vermieter hat die Wahl, ob er den Vertrag mit dem Mieter oder den Vertrag mit dem Dritten erfüllt. Will der Vermieter den Vertrag mit dem Dritten erfüllen, stehen dem Mieter die genannten Ansprüche zu.
Steht fest, dass der Vermieter einen mit dem Mieter geschlossenen Kaufvertrag nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen will, muss der Mieter ein Vorkaufsrecht nicht ausüben. Stattdessen kann er Schadensersatz beanspruchen.
Ausreichende finanzielle Mittel des Mieters
Am Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Vermieters und dem Schaden des Mieters kann es fehlen, wenn der Mieter aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen wäre, die für den Erwerb der Wohnung erforderlichen Mittel aufzubringen oder zu finanzieren.