Leitsatz
Die Rechtsnatur des Nachlasses vor "Einanwortung" nach österreichischen Recht hat kein Äquivalent im deutschen Recht und entspricht am ehesten einem starken Anwartschaftsrecht mit Vertretungs-, Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis. Deshalb unterliegt eine Veräußerung von Aktien der Genehmigungspflicht durch das Vormundschaftsgericht nach §§ 1908i, 1812 BGB.
Sachverhalt
Der Betroffene und sein u.a. für die Vermögenssorge bestellter Betreuer wenden sich mit der weiteren Beschwerde gegen die gerichtliche Zurückweisung ihrer Anträge auf vormundschaftliche Genehmigung für verschiedene Verfügungen über den Nachlass des verstorbenen Vaters des Betroffenen, dessen Alleinerbe er ist. Der Erblasser war österreichischer Staatsangehöriger und hatte auch seinen Lebensmittelpunkt dort. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen richtet sich daher nach österreichischem Recht, Art. 25 Abs. 1 EGBGB; § 28 IPRG.
Die Genehmigungen waren mit der Begründung versagt worden, dass der Verkauf von Wertpapieren aus dem Nachlass nicht der Vermögessorge unterfalle, da das Eigentum an dem Nachlass nach österreichischem Recht nicht mit dem Erbfall, sondern erst durch "Einanwortung" (§§ 797, 819 ABGB) übergehe.
Entscheidung
Die zulässigen Rechtsmittel hatten in der Sache Erfolg, die Angelegenheit wurde an das Beschwerdegericht zurückgewiesen.
Es gibt im deutschen Recht kein Äquivalent zur Rechtsnatur des Nachlasses vor der "Einanwortung" nach österreichischen Recht. Am ehesten entspricht diese einem starken Anwartschaftsrecht mit Vertretungs-, Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis. Hieraus folgt, dass eine Veräußerung von Aktien der Genehmigungspflicht durch das Vormundschaftsgericht nach §§ 1908i, 1812 BGB unterliegt. Da diese Pflicht den Zweck hat, das Vermögen zu schützen, sind auch Verpflichtungen zu Verfügungen über einen künftigen gesetzlichen Erb- oder Pflichtteil (§ 1822 Nr. 1 BGB) und sogar Verfügungen des Betreuers nach § 2114 oder etwa § 2116 BGB, die nicht das Eigentum betreffen, dieser Pflicht unterstellt.
Auch liefe es der Intention des § 1812 BGB zuwider, wenn der Betreuer in der Zeit zwischen Annahme der Erbschaft und der "Einanwortung" ohne Einschränkung seiner Vertretungsmacht über das Vermögen des Betroffenen hinsichtlich des ihm gebührenden Nachlasses frei verfügen könnte. Über die Frage der Genehmigung nach deutschem Recht ist unter dem Gesichtspunkt des Wohls des Betreuten auch unabhängig von einer möglicherweise nach § 810 Abs. 2 ABGB erforderlichen Genehmigung des österreichischen Abhanslungsgerichts zu entscheiden.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 05.12.2008, 33 Wx 266/08