Leitsatz
Eine 16 Jahre alte Schülerin mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit beabsichtigte, einen volljährigen türkischen Studenten zu heiraten, mit dem sie seit dem Jahre 2004 verlobt war. Er war im September 2006 mit einem Studentenvisum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hielt sich seither hier auf.
Die Schülerin hat am 20.6.2006 bei der Rechtsantragsstelle des für sie zuständigen FamG einen Antrag auf Befreiung vom Erfordernis der Volljährigkeit gestellt. Ihre Eltern haben die geplante Eheschließung befürwortet. Das beteiligte Jugendamt sprach sich gegen eine Befreiung vom Erfordernis der Volljährigkeit aus.
Das FamG hat den Antrag nach Anhörung der Antragstellerin, ihrer Eltern und des Verlobten, zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Eine Befreiung von dem Erfordernis der Volljährigkeit könne nur dann erteilt werden, wenn sie dem wohlverstandenem Interesse der Minderjährigen nicht widerspreche. Die Befreiung sei dagegen zu versagen, wenn eine Gesamtbewertung aller für und gegen die Eheschließung sprechenden Umstände ergäbe, dass das Wohl der Antragstellerin voraussichtlich beeinträchtigt sein werde (vgl. zum Ganzen auch: MünchKomm/BGB/Müller-Gindullis, 4. Aufl., § 1303, Rz. 6 ff.; Hoppenz/Burandt, a.a.O., Rz. 4).
Nach Auffassung des OLG war im vorliegenden Fall von einer voraussichtlichen Beeinträchtigung des Wohles der Antragstellerin durch die Eheschließung auszugehen. Die persönliche Anhörung der Beteiligten habe ergeben, dass sich die Antragstellerin mit den Auswirkungen ihres Entschlusses, auf ihre künftige Lebensgestaltung nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. Sie verfüge noch nicht über die erforderliche persönliche Reife, die volle Tragweise ihres Heiratsentschlusses zu erfassen.
Gegen die Erteilung der erstrebten Befreiung spricht weiter, dass es der geplanten Ehegemeinschaft derzeit und bis auf weiteres an jeglicher eigenständigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage fehlen werde. Neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den beiderseitigen Eltern bestehe die Gefahr, dass die beabsichtigte Eheschließung die anstehende berufliche Ausbildung der minderjährigen Antragstellerin ungünstig beeinflussen werde. Einer abgeschlossenen Ausbildung komme ein hoher Stellenwert zu. Die Nachteile einer abgebrochenen oder gänzlich fehlenden Ausbildung seien im Regelfall schwerer als die Vorteile einer vorzeitigen Eheschließung, wobei die Nachteile insbesondere der Allgemeinheit zur Last fielen.
Aus den genannten Gründen lagen nach Auffassung des OLG die Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung nicht vor. Eine weitere Wartezeit von ca. 14 Monaten bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres sei der Antragstellerin unter den gegebenen Umständen zuzumuten.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 24.05.2007, 6 UF 106/06