Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Vorschnelle, eigenmächtige Reparaturmaßnahme des Verwalters (hier: nach Bruch einer Abwasserleitung)
- Beeinträchtigung eines Stellplatz-Sondereigentums bzw. Sondernutzungsrechts durch neue Rohrleitungsführung (Kernbereichseingriff); Beseitigungspflicht
- Passiv-Legitimation des Verwalters für Schadensersatzanspruch des betroffenen Eigentümers
- Schadensberechnung (unter Berücksichtigung von Sowieso-Kosten)
Normenkette
(§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG und § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG)
Kommentar
1. Nach einem Abwasserleitungsbruch im Untergeschossbereich wurden Rohrleitungen im Auftrag der Verwaltung druckgespült und videountersucht; anschließend erteilte der Verwalter nach Entdeckung des Rohrbruchs Auftrag zur Aufgrabung und Sanierung, wobei ein neues Rohr oberirdisch, zum Teil auch an einem Tiefgaragenstellplatz des Antragstellers wandangrenzend verlegt wurde. Die Untersuchungs- und Reparaturkosten beliefen sich insgesamt auf über DM 41.000,- netto. In der Folgezeit behauptete der Antragsteller Nutzungseinbußen auf seinem Stellplatzbereich durch die neue offene Rohrführung entlang der Wand seines Stellplatzes. Während auf seinen Antrag hin das AG den Antrag zurückwies, verpflichtete das LG den Verwalter zur Entfernung des betreffenden Rohrstücks. Vom Senat wurde die Entscheidung aufgehoben und zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
2. Zutreffend konnte der Antragsteller den Verwalter individualrechtlich, d.h. ohne vorausgehende Beschlussermächtigung in Anspruch nehmen (h.M., vgl. BGH, NJW 1992 S. 182 und OLG Hamm, ZWE 2000 S. 140). Grundsätzlich steht dem beeinträchtigten Eigentümer auch ein Anspruch zu, dass sein Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht beeinträchtigende Störungen zu beseitigen seien (vgl. §§ 14 Nr. 1 und 2, 15 Abs. 1 und 3 WEG i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB). Die Passivlegitimation des Verwalters ergibt sich hier daraus, dass er nach materiellem Recht durch die Auftragsvergabe ohne ermächtigenden Eigentümerbeschluss als Störer anzusehen war. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des LG lagen vorliegend nicht die Voraussetzungen einer Verwalter-Notgeschäftsführung vor. Nach Schadenseintritt hätte hier ohne weiteres Beschlussfassung der Gemeinschaft erfolgen können. Es ist grundsätzlich Sache der Eigentümer, auch über solche Sanierungen zu entscheiden. Ein Beschluss wurde im vorliegenden Fall nicht gefasst. Auch kam es nicht zu allseitiger Zustimmung oder Nachgenehmigung der vom Verwalter vorgenommenen Reparaturmaßnahme. Es wurde hierbei in den Kernbereich verdinglichter Rechte des Antragstellers eingegriffen; von unwesentlichen Veränderungen kann bei spürbaren Gebrauchsbeeinträchtigungen nicht gesprochen werden. Der Antragsteller hat im Übrigen stets vorgetragen, dass noch realisierbare Alternativen zur Reparaturmaßnahme hätten überprüft werden müssen, so dass auch nicht von seiner vorbehaltlosen Zustimmung gesprochen werden konnte.
3. Allerdings hätte das LG nicht die Verpflichtung des Verwalters aussprechen dürfen, das Rohrstück im Stellplatzbereich entfernen zu müssen; insoweit würde erneut ein den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechender Zustand geschaffen. Auch wenn ein Verwalter eine vorschnelle und zu beanstandende Reparaturmaßnahme vorgenommen hat, kann er nicht ohne weiteres auf Rückgängigmachung in Anspruch genommen werden, wenn dadurch sofort wieder Reparaturbedarf entstehen würde, der unter Einbeziehung der Gemeinschaft behoben werden müsste. Auch insoweit könnten sich dann Wohnungseigentümer übergangen fühlen, wenn ein Verwalter durch Gerichtsbeschluss gezwungen würde, einen ordnungswidrigen Bautenstand herzustellen. Außerdem kann ein Verwalter allenfalls für Mehrkostenverantwortlich gemacht werden, die durch sein vorschnelles Vorgehen entstehen bzw. entstanden sind. Ein Wohnungseigentümer kann somit nicht verlangen, dass eine andere technische Lösung, die evtl. sogar weit kostenaufwendiger ist, wie die hier vorgenommene Rohrverlegung unterhalb des Garagenbodens, auf Kosten des Verwalters vorgenommen wird. Die Gemeinschaft und auch der antragstellende Eigentümer würden dadurch ungerechtfertigt von Lasten befreit. Ein Verwalter ist hier rechtlich nicht in der Lage, ohne (neuerliche) Entschließung der Gemeinschaft anderweitige Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen.
4. Nach Zurückverweisung wird deshalb das LG durch Sachverständigengutachten neuerlich zu klären haben, welche anderen technischen Möglichkeiten anstelle der jetzigen Durchführung in Betracht kommen könnten und welche Kosten dadurch ausgelöst würden. Dann muss eine technische Lösung durch die Gemeinschaft bestandskräftig gebilligt werden. Die notwendigen Instandsetzungskosten gehen zu Lasten der Gemeinschaftskasse. Ein Verwalter schuldet aus Verwaltervertrag ggf. der Gemeinschaft die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass die erforderlichen Reparaturarbeiten seinerzeit von ihm ohne erforderliche Beschlussfassung der Gemeinschaft vorgenommen wurden, wobei selbstverständlich Notmaßnahmen ...