Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH ging es um die Auslegung von Anhang A der 8. EG-Richtlinie, dem Muster des Antrags auf Vergütung der Mehrwertsteuer. In der letzten Zeile dieses Antragsmusters ist neben Ort und Datum der Antragstellung eine "Unterschrift" vorgesehen, zu der keine weiteren Regelungen getroffen werden.
Die Klägerin, ein niederländisches Unternehmen, hatte im Jahr 2006 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einen Antrag auf Vergütung von in Deutschland entrichteten Vorsteuerbeträgen auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck gestellt, dessen Feld 9 "Eigenhändige Unterschrift und Firmenstempel" vorsieht. In einem Begleitschreiben wiesen die in Deutschland ansässigen Anwälte der Klägerin, die auf dem Antrag als Zustellungsvertreter benannt waren, darauf hin, dass sie den Vergütungsantrag im Auftrag ihrer Mandantin unterzeichnet hätten. Dem Vergütungsantrag war als Anlage eine "Vollmacht für das Vorsteuervergütungsverfahren" beigefügt, mit der die Anwälte bevollmächtigt waren, die Klägerin in allen Vorsteuervergütungsverfahren rechtsverbindlich zu vertreten.
Das BZSt lehnte den Vergütungsantrag mit der Begründung ab, dass er entgegen § 18 Abs. 9 UStG nicht vom Steuerpflichtigen eigenhändig unterzeichnet worden sei. Der BFH hatte mit seinem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH die Gemeinschaftsrechtskonformität des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG in Frage gestellt. Dieser verlangt für den Vergütungsantrag eine eigenhändige Unterschrift des Unternehmers. Eine Stellvertretung bei der Abgabe des Antrags ist demnach grundsätzlich nicht möglich. Bestimmte Ausnahmen sind in § 150 Abs. 3 AO geregelt. Der BFH fragte den EuGH, ob der Begriff der "Unterschrift" in Anhang A der 8. EG-Richtlinie ein gemeinschaftsrechtlicher Begriff ist und ob für diesen Fall der Vergütungsantrag zwingend von dem antragstellenden Unternehmer persönlich oder bei einer juristischen Person von dem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden muss, oder ob die Unterschrift eines Bevollmächtigten (z. B. eines steuerlichen Vertreters oder Arbeitnehmers des Steuerpflichtigen) genügt.
Entscheidung
Der EUGH hat entschieden, dass der Begriff der Unterschrift nach Sinn und Zweck des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen ausgelegt werden muss und von daher ein Begriff des Gemeinschaftsrechts ist. Da die Mitgliedstaaten nach Art. 6 der 8. EG-Richtlinie den antragstellenden Unternehmern außer den Pflichten nach den Art. 3 und 4 der Richtlinie keine anderen Pflichten auferlegen dürfen als die, in Sonderfällen weitere Auskünfte zu geben, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist, steht es - so der EuGH in seinen weiteren Entscheidungsgründen - Art. 6 der 8. EG-Richtlinie entgegen, wenn ein Mitgliedstaat von dem antragstellenden Unternehmer fordert, den Vergütungsantrag eigenhändig zu unterzeichnen. Folglich genügt bei Vergütungsanträgen nach der 8. EG-Richtlinie die Unterschrift eines Bevollmächtigten.
Nach dem EuGH-Urteil überlasst die 8. EG-Richtlinie nicht den Mitgliedstaaten die Regelung der Stellvertretung im Antragsverfahren. Das Argument der Bundesregierung, zur Stellvertretung sei der 8. EG-Richtlinie keine ausdrückliche Aussage zu entnehmen, folglich liege es in der Hand der Mitgliedstaaten, selbst Regelungen zur Stellvertretung im Rahmen dieses Verfahrens zu treffen, hat der EuGH schlicht umgedreht. Wenn die 8. EG-Richtlinie nicht ausdrücklich die Möglichkeit vorsehe, einen Bevollmächtigten zu bestellen, schließe sie dies auch nicht aus.
Das Urteil ist zur 8. EG-Richtlinie ergangen. Diese ist mit Wirkung vom 1.1.2010 durch die Richtlinie 2008/9/EG abgelöst worden, wonach Vergütungsanträge ab 1.1.2010 nur noch auf elektronischem Weg abgegeben werden können. Eine "Unterschrift" ist bei der Antragstellung nicht mehr vorgesehen, so dass das EuGH-Urteil für die Zukunft keine Bedeutung mehr hat. Allerdings muss das BZSt in allen noch offenen Antragsfällen nach der 8. EG-Richtlinie Vergütungsanträge auch positiv bescheiden, wenn lediglich ein Bevollmächtigter des Unternehmers den Antrag unterschrieben hat. Diese Bevollmächtigung muss - dies lässt das EuGH-Urteil erkennen - im Einzelfall jedoch auch vorliegen.
Hinweis
Für das Erstattungsverfahren nach der 13. EG-Richtlinie für Drittlandsunternehmer (an diesem Verfahren ändert sich ab 1.1.2010 im Gegensatz zum Vorsteuervergütungsverfahren für EU-Unternehmer nichts) hat das EuGH-Urteil grundsätzlich keine Bedeutung. Die 13. EG-Richtlinie sieht (anders als die 8. EG-Richtlinie) in Art. 2 Abs. 3 ausdrücklich vor, dass für die Antragstellung ein Bevollmächtigter bestellt werden kann. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie bestimmen die Mitgliedstaaten die Modalitäten für die Antragstellung. Nach der 13. EG-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten also frei, die Mitwirkung eines Bevollmächtigten im Antragsverfahren zuzulassen oder nicht. Dementsprechend ist die Regelung in § 18 Abs. 9 Satz 1 Nr. 5 UStG idF. ab 1.1.2010 iVm § 61a Abs...