OFD Frankfurt, Verfügung v. 28.10.2003, S 7300 A - 111 - St I 2.20
1. Grundsätzliches zum Vorsteuerabzug bei Gebäuden
1.1 Allgemeines
Vorsteuerbeträge können nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vom Unternehmer abgezogen werden, wenn diese in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesen wurden und die Leistungen von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die erhaltenen Lieferungen oder sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, z.B. für Umsätze, die unter das Grunderwerb-Steuergesetz fallen – § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG – oder für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken – § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der privaten Verwendung eines dem Unternehmensvermögen zugeordneten Gebäudes ist die amtliche Veröffentlichung des BFH-Urteil vom 24.7.2003, V R 39/99 abzuwarten, das in Umsetzung des EuGH-Urteil Rs. vom 8.5.2003, C-269/00 ergangen ist.
Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer auf die Steuerfreiheit dieser Umsätze verzichten, sofern der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wird. Die Option ist jedoch in diesen Fällen – hinsichtlich § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG nur bei Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten – nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (vgl. hierzu auch BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943). Der Unternehmer hat die Voraussetzungen nachzuweisen, § 9 Abs. 2 UStG. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Unternehmer die ihm in Rechnung gestellten Beträge als Vorsteuer abziehen.
Unter den Begriff des Grundstücks fallen nicht nur Grundstücke insgesamt, sondern auch selbständig nutzbare Grundstücksteile (z.B. Wohnungen, gewerbliche Flächen, Büroräume, Praxisräume) (vgl. BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943).
Zu beachten ist jedoch die durch das BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943, eingeführte Bagatellregelung. Nach dieser ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung weiterhin zulässig, sofern das Grundstück/ der Grundstücksteil nur in sehr geringem Umfang für Umsätze verwendet wird, die den Vorsteuerabzug ausschließen (Ausschlussumsätze).
Eine geringfügige Verwendung für Ausschlussumsätze kann danach angenommen werden, wenn im Falle der steuerpflichtigen Vermietung die auf den Mietzins für das Grundstück/den Grundstücksteil entfallende Umsatzsteuer im Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr, § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) höchstens zu 5 % vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, Bagatellgrenze (vgl. BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943).
Hinsichtlich der Frage, ob die Rechtslage laut BMF-Schreiben IV C 4 – S 7198 – 55/94 vom 30.12.1994, BStBl 1994 I S. 943, auch auf An-, Um- oder Ausbauten anzuwenden ist, ist darauf abzustellen, ob aus ertragsteuerrechtlicher Sicht durch die Baumaßnahmen ein selbständiges Wirtschaftsgut bzw. ein anderes Wirtschaftsgut geschaffen wird, vgl. H 43 (nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten) EStH 1993 zu R 43 Abs. 5 EStR 2001 und BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943; bestätigend BFH-Urteil 5.6.2003, V R 32/02.
Zu der Problematik, inwieweit es von Bedeutung ist, wer das selbständige bzw. andere Wirtschaftsgut geschaffen hat, d.h., ob es durch Maßnahmen des Eigentümers oder durch Maßnahmen des Mieters geschaffen wurde, wird auf die Verfügung verwiesen.
Die Einschränkung der Optionsmöglichkeit ab dem 1.1.1994 hat keine Auswirkungen auf einen für die Errichtung eines Altbaus in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug (vgl. BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 557 94 BStBl 1994 I S. 943).
Durch die Veräußerung eines Grundstücks wird die Frage, ob der Verzicht auf die in § 9 Abs. 2 UStG genannten Steuerbefreiungen zulässig ist, nicht beeinflusst. Für Grundstücke mit Altbauten gilt bei deren Vermietung – ungeachtet einer vorangegangenen Veräußerung – die Rechtslage vor dem 1.1.1994. Zu beachten sind aber weiterhin die Grundsätze des BdF-Schreibens IV A 2 – S 7300 – 63/92 vom 29.5.1992, BStBl 1992 I S. 378, zum Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO vgl. BMF-Schreiben vom 30.12.1994, IV C 4 – S 7198 – 55/94 BStBl 1994 I S. 943 sowie BFH-Urteil V R 104/91, BStBl 1993 II S. 253 ; 22.10.1992, V R 33/90, BStBl 1993 II S. 210; 14.12.1995, V R 12/95, BStBl 1996 II S. 252; 7.3.1996, V R 14/95, BStBl 1996 II S. 491, und 18.12.1996, XI R 12/96, BStBl 1997 II S. 374.
Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung nachzuweisen. Der Nachweis ist an keine besondere Form gebunden. Er kann sich aus einer Bestätigung des Mieters, aus Bestimmungen des Mietvertrages oder aus anderen Unterlagen ergeben.
§ 9 Abs. 2 UStG in der ab 1...