Leitsatz
Das Vorsteuerabzugsrecht ist für den Erklärungszeitraum auszuüben, in dem die beiden nach dieser Bestimmung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind: dass die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann.
Problematik
Die Terra Baubedarf-Handel GmbH bezog im Jahr 1999 Dienstleistungen. Die Rechnungen dafür gingen ihr jedoch erst im Januar 2000 zu. Das Finanzamt erkannte den für 1999 geltend gemachten Vorsteuerabzug für die erwähnten Dienstleistungen nach §15 Absatz 1 Nr. 1 UStG nicht an.
Der BFH verwies in der Vorlage an den EuGH darauf, dass nach der EuGH-Rechtsprechung das Recht auf Vorsteuerabzug 1999 entstanden sei. Nach Artikel 18 der 6. EG-Richtlinie könne es aber erst im Jahr 2000, nach Erhalt der Rechnung, ausgeübt werden. Zweifelhaft sei jedoch, ob dieses Recht auf Vorsteuerabzug mit Wirkung für den Besteuerungszeitraum 1999 geltend gemacht werden dürfe oder müsse. Denn Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie besage nichts darüber, für welchen Besteuerungszeitraum der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden müsse oder dürfe.
Der EuGH entschied, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden nach dieser Bestimmung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind (dass also die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann). Er stützte diese Auslegung u. a. auf das Ziel der Richtlinie, die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung sicherzustellen, und darauf, dass die Zahlung für eine Leistung und damit die Abführung der Vorsteuer regelmäßig nicht vor Erhalt einer Rechnung erfolgten.
Konsequenzen für die Praxis
Aufgrund der Entscheidung des EuGH bleibt es in Deutschland im Ergebnis bei der bisherigen Praxis, dass Vorsteuerbeträge grundsätzlich erst nach Erhalt der Leistung und der Rechnung mit Steuerausweis abziehbar sind - auch wenn sie (wie in der 6. EG-Richtlinie klar geregelt) bereits mit dem Leistungsbezug entstanden sind.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 29.4.2004, Rs. C-152/02, - Terra Baubedarf-Handel GmbH -, BFH/NV Beilage 2004 S. 229.