Der Gesetzgeber hat ersichtlich ein Erfolgsmodell geschaffen, als er das Wohnungseigentumsgesetz 1951, juristisches Neuland betretend, zur Linderung der Wohnungsnot einführte. Inzwischen gibt es in Deutschland rund 3 Millionen Wohnungseigentümergemeinschaften mit über 10 Millionen Eigentumswohnungen. Nachdem das Gesetz jahrzehntelang kaum eine Änderung erfahren hatte, brachte die WEG-Reform 2007 einige Neuerungen, zu denen insbesondere die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gehörte. Allerdings wurde der Gemeinschaft zugleich eine nicht widerspruchsfreie Sonderstellung zwischen Sachen- und Gesellschaftsrecht zugewiesen. Ein weiteres Defizit der WEG-Reform 2007 bestand darin, dass trotz gegenteiliger Zielsetzung die "veränderungsfeindliche" Tendenz des Gesetzes fortbestand, was sich als Hemmschuh für die Energiewende, insbesondere für die Ausbreitung der Elektromobilität erwies. Dieser Umstand war der Anlass für eine weitere, diesmal grundlegende Gesetzesänderung: die WEG-Reform 2020, die in Gestalt des "Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG)" am 1.12.2020 in Kraft getreten ist. Im Gegensatz zu teilweise unsachlicher Fundamentalkritik, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens laut wurde (so meinte die AfD in der Reform einen Beweis dafür zu sehen, dass die Bundesregierung ihre Bürger in Armut und ökonomischer Abhängigkeit halten wolle), stellt das WEMoG einen dogmatisch durchdachten und stimmigen "Wurf" dar, der zahlreiche Probleme des alten Rechts mit dem berühmten "Federstrich des Gesetzgebers" beseitigte. Strukturell ist das Wohnungseigentumsrecht jetzt dem (sonstigen) Gesellschaftsrecht angenähert. Die Reform hat damit die Erwartung erfüllt, die im Vorwort zur Vorauflage dieses Buches geäußert wurde: "Zunehmend gewinnt die Erkenntnis an Boden, dass das Wohnungseigentumsgesetz trotz des sachenrechtlichen Ursprungs des Wohnungseigentums nicht als “Nebengesetz‘ des BGB, sondern als Teil des Gesellschaftsrechts einzuordnen ist. Strukturell unterscheidet sich der rechtsfähige Verband “Wohnungseigentümergemeinschaft‘ kaum von anderen Verbänden (GmbH, AG)."
Das Wohnungseigentumsrecht bleibt auch in der reformierten Fassung eine schwierige Spezialmaterie. Deshalb will dieses Buch Rechtsanwälten, Richtern, Verwaltern und interessierten Wohnungseigentümern eine praktische Hilfestellung bieten. Es stellt die Rechtslage kompakt und praxisbezogen dar und verzichtet auf eine ausführliche Erörterung dogmatischer Streitfragen. Das bedeutet indes nicht, dass Probleme übergangen oder gar die eigene Meinung des Verfassers verschwiegen werden würde. Zahlreiche Fallbeispiele dienen der Verständlichkeit, und die vielfältigen Muster (Beschlüsse, Anträge, Klagen, Verwaltervertrag usw.) erhöhen den Nutzen. In den Fußnoten werden die aktuellsten einschlägigen Gerichtsentscheidungen aufgeführt; Literatur wird zitiert, soweit dies zur Vertiefung des jeweils erörterten Themas sinnvoll erscheint. Den Fußnoten lassen sich somit in jedem Fall ausreichende Nachweise für weitere Informationen (zu Detailfragen, gerichtlicher Kasuistik oder wissenschaftlichem Diskurs) entnehmen. Der Abdruck von Gesetzestexten unterbleibt aus Platzgründen; es ist deshalb sinnvoll (und via Internet problemlos möglich), die einschlägigen Gesetzestexte zur Hand zu haben.
Literatur und Rechtsprechung sind bis April 2022 berücksichtigt.
Tübingen, im Juni 2022 |
Dr. David Greiner |