Zur Stellung des Verteidigers lesen wir an vielen Stellen immer wieder: Der Verteidiger ist nicht Vertreter, sondern Beistand des Beschuldigten. Und: Aufgabe des Verteidigers ist es, die Rechte des Beschuldigten in allen Verfahrensabschnitten in vollem Umfang zu wahren, zur Beachtung aller dem Beschuldigten günstigen Umstände beizutragen und auf strenge "Justizförmigkeit" des Verfahrens hinzuwirken (u.a. schon BGHSt 12, 367, 369). Der Verteidiger hat also (auch) eine Kontrollfunktion, die er als unabhängiges Organ der Rechtspflege den Gerichten und der Staatsanwaltschaft gleichgeordnet ausübt. Diese erstreckt sich auch und gerade auf die im Verfahren nach Durchlaufen der Verfahrensstationen "Ermittlungsverfahren" und "Hauptverhandlung" gefundene Entscheidung. Im Rechtsmittel- und/oder Rechtsbehelfsverfahren steht der Abschluss der vorhergehenden Instanz auf dem Prüfstein. Gerade hier wird, wenn der Verteidiger am Rechtsmittel- und/oder Rechtsbehelfsverfahren teilnimmt, seine Kontrollfunktion sichtbar. Gerade hier muss er diese im Interesse des Mandanten ausüben und das zuvor gefundene Ergebnis zur Prüfung durch das Rechtsmittelgericht stellen.
Das vorliegende Handbuch will den Strafverteidiger in dieser Kontrollaufgabe in den strafverfahrensrechtlichen Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsverfahren unterstützen. Es hat lange gedauert, bis ich 2013 – damals noch mit dem Mitherausgeber Dr. Peter Kotz aus Augsburg – dieses Handbuch, das neben "Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren" und "Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung", die demnächst bereits in 10. bzw. 11. Aufl. erscheinen werden, stellen und aus dem "Duo ein Trio" machen konnten. Danach haben wir aus dem "Trio" mit dem Handbuch "Burhoff/Kotz (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, 2016", dann noch ein Quartett gemacht. Damit ist das Strafverfahren insgesamt "abgedeckt".
Anregungen zu dem Projekt "Rechtsmittelhandbuch" hatte ich schon bald nach Erscheinen der beiden anderen Handbücher zum Ermittlungsverfahren und zu Hauptverhandlung erhalten. Zur endgültigen Umsetzung der Idee ist es dann aber erst gekommen, als ich mit Rechtsanwalt Dr. Peter Kotz einen Mitherausgeber gefunden hatte, der bereit war, die Mühen, die ein solches Handbuch mit sich bringt, mitzuschultern. Leider ist Peter Kotz im Frühjahr 2017 recht plötzlich verstorben. Das habe ich sehr bedauert, vor allem, weil ich/wir mit ihm einen Kollegen recht/zu früh verloren haben, der ebenfalls als Autor und Herausgeber vieler juristischer Bücher und zahlreicher rechtswissenschaftlicher Publikationen bekannt war und so unser Werk mitgeprägt hatte. Wir haben uns dann, nachdem die 2. Auflage schnell nach der 1. Auflage erschienen war, länger nicht entscheiden könne, ob wir bzw. vor allem, ob ich das Werk allein fortsetzen würde. Nachdem aber immer wieder Anfragen aus dem Kollegenkreis gekommen sind, ob eine 3. Auflage beabsichtigt sei und wann sie kommen würde, haben wir uns entschlossen, das Werk fortzusetzen und das ich als "Alleinherausgeber" fungiere. Dies tue ich im Gedenken an den verstorbenen Kollegen gern. Mit mir hoffen alle Kollegen, dass wir seinen immer recht hohen Ansprüchen gerecht werden. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.
Schon bei den ersten Gesprächen zum Konzept für das neue Werk in den Jahren 2011/2012 war von vornherein klar, dass die komplexen und schwierigen, teilweise auch wenig bekannten Fragen und Probleme der strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe nicht nur von Peter Kotz und mir, also von nur zwei Autoren, gemeistert werden können. Deshalb haben wir uns von Anfang an zur Teamarbeit entschlossen.
Es ist uns dann auch gelungen, ein Team von Mitautoren aus dem richterlichen und dem anwaltlichen Bereich, ergänzt durch einen Rechtspfleger, zusammenzustellen, von denen jeder Einzelne auf seinem (Fach-)Gebiet ein ausgewiesener Kenner der von ihm bearbeiteten Materie ist. Alle Autoren zeichnen sich jedoch nicht nur durch ihre profunden und umfassenden Fachkenntnisse, sondern vor allem auch darin aus, dass sie in der Praxis tätig sind und wissen, was die Praxis im Bereich der strafverfahrensrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe braucht und will. Dieses Handbuch wird also gestaltet von Praktikern für Praktiker. Unser Anliegen war/ist es, ebenso wie mit dem "Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren" und dem "Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung", auch mit diesem Handbuch dazu beizutragen, die "richtige" Wahrheitsfindung im Strafprozess zu sichern. Abgerundet wird die Reihe dann inzwischen durch das 2016 erschienene "Burhoff/Kotz (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, 2016", wo alles das behandelt, was noch nach dem Rechtsmittelverfahren geschieht bzw. auf den Verurteilten zukommt.
Allgemein ist anzumerken: Die "richtige" Wahrheitsfindung im Strafprozess zu sichern, ist die Aufgabe, an der Gericht, Verteidiger und Staatsanwaltschaft gemeinsam teilhaben, wenn auch jeder an seine...