Leitsatz
Bei noch bestehender Ehe kann unter den Voraussetzungen der §§ 1385, 1386 BGB auf vorzeitigen Zugewinnausgleich geklagt werden, wodurch die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft vor der Ehescheidung bzw. ohne Ehescheidung ermöglicht wird. Sinn der Regelung ist der Schutz eines Ehegatten vor vermögensschädigendem Verhalten des anderen. Das OLG Brandenburg hatte sich in seiner Entscheidung mit den Voraussetzungen auseinanderzusetzen, unter denen § 1386 BGB einen vorzeitigen Zugewinnausgleich - unabhängig von der 3-jährigen Trennungsfrist des § 1385 BGB - ermöglicht.
Sachverhalt
Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute. Sie stritten über den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns.
Die Klägerin hatte zur Begründung ihres Klagebegehrens in erster Instanz geltend gemacht, der Beklagte habe seine wirtschaftlichen Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt. Außerdem habe er die geschuldete Information über den Bestand seines Vermögens verweigert. Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgte die Klägerin ihr Verlangen auf vorzeitigen Zugewinnausgleich weiter.
Ihr Rechtsmittel führte nicht zum Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt keinen der in den §§ 1385, 1386 BGB abschließend aufgezählten Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Güterstandes für gegeben.
Zu Recht habe das erstinstanzliche Gericht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1386 Abs. 1 BGB verneint.
Nach § 1386 Abs. 1 BGB könne auf vorzeitigen Zugewinn geklagt werden, wenn der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die sich aus der Ehe ergebenden wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht erfüllt habe und anzunehmen sei, dass er sie auch in Zukunft nicht erfüllen werde.
Im vorliegenden Fall fehlte es nach Auffassung des OLG an der von § 1386 Abs. 1 BGB vorausgesetzten objektiv begründbaren ernstlichen Besorgnis, dass der Beklagte seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen in Zukunft nur unregelmäßig, unvollständig oder mit einer grundlosen Verzögerung nachkommen werde. Allein das geäußerte Misstrauen der für die Tatbestandserfüllung des § 1386 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin reiche nicht aus.
Auch der Umstand, dass der Beklagte es - anders als in früheren Ehejahren - unterlassen habe, Einzahlungen auf sein seit 2002 bestehendes Wertpapierkonto vorzunehmen, obwohl im Jahre 2004 das gemeinsame Hausgrundstück lastenfrei geworden sei, gebe der Klägerin kein Recht auf einen vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1386 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 1375 Abs. 2 BGB, da diese Vorschriften ein positives Tun voraussetzten. Bloßes Unterlassen reiche nicht aus. Außerdem fehle es auch an einer erheblichen Gefährdung der zukünftigen Ausgleichsforderung. Insoweit komme es darauf an, ob eine Fortsetzungs- und Wiederholungsgefahr bestehe und eine Minderung des Zugewinns zu befürchten sei. Sei der Trennung der Eheleute sei der Beklagte auch nicht mehr verpflichtet, einen Teil seines Einkommens für die Vermögensbildung einzusetzen.
Zu Recht habe das AG auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1386 Abs. 3 BGB verneint. Der Beklagte habe seine Pflicht, die allein darin bestehe, die Klägerin in groben Zügen über den gegenwärtigen Bestand seines Vermögens zu informieren, durch Vorlage einer Vermögensaufstellung erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin schulde er keine näheren Angaben zur Art der Geldanlage, zur Nummer seines Girokontos, zum Namen seiner Bank und zum Wert seines Fahrzeugs.
Aus dem Vortrag der Klägerin auch in der Berufungsinstanz sei eine Besorgnis der erheblichen Gefährdung ihres Ausgleichsinteresses nicht festzustellen.
Hinweis
Der vorzeitige Zugewinnausgleich ist in der Praxis ein häufig vernachlässigtes Rechtsinstitut. Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist lesenswert und eignet sich bestens als Wiederauffrischungslektüre zur Thematik des vorzeitigen Zugewinnausgleichs, zumal gerade zu § 1386 BGB wenig veröffentlichte Rechtsprechung existiert und die Entscheidung des OLG Brandenburg insoweit eine gute Anleitung zur Prüfung des Anspruchs darstellt.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.10.2007, 10 UF 96/07