(1) 1Unverzinsliche Kapitalforderungen oder Schulden sind mit dem Betrag anzusetzen, der nach Abzug von Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt; dabei ist von einem Zinssatz von 5,5 v. H. auszugehen. 2Bei der Ermittlung des Gegenwartswerts ist vom Mittelwert einer jährlich vorschüssigen und jährlich nachschüssigen Zahlungsweise auszugehen, d. h. es ist der Mittelwert der Vervielfältiger für Zahlungszeitpunkte zu Beginn und zum Ende des Fälligkeitsjahres anzusetzen.
(2) 1Der Gegenwartswert einer unverzinslichen Kapitalforderung, die bis zum Tod einer bestimmten Person befristet ist, wird nach der mittleren Lebenserwartung errechnet (BFH-Urteil vom 8. 6. 1956, BStBl III S. 208). 2Die jeweilige mittlere Lebenserwartung ergibt sich aus der "Sterbetafel 1986-88 für die Bundesrepublik Deutschland (Gebietsstand seit dem 3. 10. 1990)".
(3) 1Eine niedrig verzinsliche Kapitalforderung oder Schuld, die unter dem Nennwert anzusetzen ist, kann angenommen werden, wenn die Verzinsung unter 3 v. H. liegt und die Kündbarkeit am Veranlagungsstichtag für längere Zeit, d. h. für mindestens vier Jahre, eingeschränkt oder ausgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 3. 3. 1972, BStBl II S. 516, und vom 22. 2. 1974, BStBl II S. 330). 2In diesen Fällen ist der Nennwert der Forderung um den Kapitalwert des jährlichen Zinsverlustes zu kürzen (BFH-Urteil vom 17. 10. 1980, BStBl 1981 II S. 247). 3Der jeweilige Zinsverlust entspricht dem Differenzbetrag zwischen dem Zinssatz von 3 v. H. und dem tatsächlich darunter liegenden Zinssatz. 4Der Kapitalwert wird nach der Anlage 9a zum BewG ermittelt.
Beispiel:
Eine Hypothekenforderung in Höhe von 10 000 DM ist mit 1 v. H. verzinst und soll frühestens zum Ablauf des 31. 12. 2009 kündbar sein. Ihr Gegenwartswert zum 1. 1. 1995 ist wie folgt zu berechnen:
Nennwert der Forderung |
10 000 DM |
Kapitalwert des Zinsverlustes: |
|
Der Zinsverlust beträgt |
|
(3 v. H. – 1 v. H. =) 2 v. H. von 10 000 DM = 200 DM. |
|
Der Kapitalwert beträgt bei einer Laufzeit von 15 Jahren |
|
(Vervielfältiger nach Anlage 9 a zum BewG = 10,314) |
|
200 DM x 10,314 = |
2 063 DM |
Gegenwartswert der Forderung |
7 937 DM |
(4) 1Stehen einer unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Kapitalforderung, wie z. B. den Guthaben aus Bausparverträgen, wirtschaftliche Vorteile gegenüber oder stehen einer unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Kapitalschuld andere wirtschaftliche Nachteile gegenüber, kommt eine Bewertung unter dem Nennwert nicht in Betracht. 2Schulden aus niedrig verzinslichen öffentlichen Wohnungsbaudarlehen sind regelmäßig mit dem Nennwert anzusetzen (BFH-Urteil vom 9. 7. 1982, BStBl II S. 639).
(5) 1Eine hoch verzinsliche Forderung oder Schuld, die über dem Nennwert anzusetzen ist, kann im allgemeinen angenommen werden, wenn die Verzinsung über 9 v. H. liegt und die Rückzahlung am Veranlagungsstichtag noch für mindestens vier Jahre ausgeschlossen ist (BFH-Urteil vom 10. 2. 1982, BStBl II S. 351). 2Der Gegenwartswert einer solchen Forderung oder Schuld wird in der Weise berechnet, daß zu dem Nennwert der Kapitalwert der über einen Zinssatz von 9 v. H. hinausgehenden Jahreszinsen hinzugerechnet wird. 3Im übrigen gilt Absatz 4 Satz 1 entsprechend.
(6) Wegen der Berechnung des Gegenwartswerts von Kapitalforderungen mit fehlender, niedriger oder hoher Verzinsung vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 12. 10. 1994 (BStBl I S. 775).