Leitsatz
Leitsatz: Eine Vereinbarung im Mietvertrag, wonach der Mieter die Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten BerechnungsVO zu tragen hat, erlaubt dem Vermieter, der während des laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer im Haus vorhandenen Heizungsanlage auf einen Dritten überträgt (Wärmecontracting), dann nicht die Umlegung der Wärmelieferungskosten auf den Mieter, wenn die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Fassung der Zweiten BerechnungsVO (hier Fassung vom 5.4.1984) eine Umlegung der Kosten der Wärmelieferung im Nahbereich nicht vorsah (Anschluss an Senat, Urteil v. 6.4.2005, VIII ZR 54/04, NJW 2005, 1776; amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
Die Parteien hatten im Jahr 1988 einen Mietvertrag abgeschlossen, der hinsichtlich der Versorgung mit Wärme und Warmwasser folgende Klauseln enthielt:
§ 2 Gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen
(1) Die Versorgung der Mietsache mit Wärme … und Gebrauchswassererwärmung erfolgt nicht durch das Wohnungsunternehmen, sondern durch das Unternehmen R GmbH. Der Mieter verpflichtet sich, mit diesem Unternehmen einen Wärmelieferungsvertrag abzuschließen …
§ 3 Miete
Es werden die nachstehenden Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten BerechnungsVO … umgelegt. Hierauf werden Vorauszahlungen erhoben.
Allgemeine Vertragsbestimmungen
Das Wohnungsunternehmen kann die Versorgung mit Wärme … und Gebrauchswassererwärmung einem geeigneten Versorgungsunternehmen übertragen … Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, mit diesem einen Versorgungsvertrag abzuschließen.
Der Vermieter betrieb die Heizungsanlage bis zum Jahr 2000 selbst. Danach übertrug der Vermieter die Wärmelieferung einem Contractor. Dieser ersetzte die ursprüngliche (veraltete) Anlage durch eine neue Heizungsanlage. Die Heizkosten wurden weiterhin vom Vermieter abgerechnet. Die Abrechnung für das Jahr 2001 schloss mit einem Nachzahlungsbetrag zugunsten des Vermieters in Höhe von ca. 300 EUR. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Mieter zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet ist.
Dies wird vom BGH verneint: Die Abrechnung ist nicht ordnungsgemäß.
1. Die Wärmeversorgung erfolgte bis zum Jahr 2000 durch eine zentrale Heizungsanlage i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HeizkostenV. Die Wärmeversorgung durch den Contractor ab dem Jahr 2001 ist als eigenständig gewerbliche Lieferung von Wärme i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 HeizkostenV zu bewerten. Für die Umlage der Kosten der zentralen Heizungsanlage gilt § 7 Abs. 2 HeizkostenV. Die Kosten der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme werden dagegen nach § 7 Abs. 4 HeizkostenV umgelegt. Hinsichtlich der jeweils umlagefähigen Kosten besteht ein wesentlicher Unterschied: Die Regelung in § 7 Abs. 4 HeizkostenV erlaubt auch die Umlage von kalkulatorischen Kosten für Instandhaltungen, Abschreibungen, Kapital und Gewinn. Nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV sind diese Kosten dagegen nicht umlagefähig. Wegen dieser möglichen Mehrbelastung hat der BGH (Urteil v. 6.4.2005, VIII ZR 54/04) bereits entschieden, dass eine Umstellung der zentralen Wärmeversorgung auf eigenständig gewerbliche Lieferung von Wärme nur möglich ist, wenn hierfür im Mietvertrag eine ausdrückliche Regelung getroffen wurde oder der Mieter der Änderung zustimmt.
2. In dem damals entschiedenen Fall hatte der Contractor die Anlage unverändert übernommen; vorliegend hatte der Contractor die Heizungsanlage modernisiert. Der Vermieter hat die Ansicht vertreten, es sei dem Mieter zuzumuten, anstelle einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung (§ 559 BGB) höhere Betriebskosten zu tragen. Der BGH folgt dieser Argumentation nicht. Die jeweils entstehenden Mehrbelastungen könnten nicht miteinander verglichen werden.
3. Bei dieser Rechtslage kommt es maßgeblich darauf an, ob die Vertragsklauseln eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Heizungsumstellung darstellen. Auch dies wird vom BGH verneint:
a) Nach § 2 des Vertrags ist der Mieter verpflichtet, mit dem Wärmelieferanten einen Vertrag abzuschließen. Vorliegend hat der Vermieter die Wärmeversorgung einem Contractor übertragen. Dies wird durch § 2 des Vertrags nicht gedeckt.
b) Nach § 3 des Mietvertrags hat der Mieter die Betriebskosten zu tragen, zu denen auch die Heizkosten gehören. Nach § 27 der II. BV in der beim Vertragsschluss (1988) geltenden Fassung waren nur die Kosten der Fernwärme umlagefähig. Die Möglichkeit der Umlegung der Kosten für Wärmelieferung im Nahbereich besteht erst seit 1989 aufgrund der Verordnung zur Änderung energiesparrechtlicher Vorschriften vom 19.1.1989 (BGBl I, 109, 112).
c) Aus den Allgemeinen Vertragsbestimmungen kann der Vermieter aus den unter Ziffer 3 a) dargestellten Gründen nichts für sich herleiten.
Abschließend stellt der BGH klar, dass die mietvertraglichen Regelungen keiner ergänzenden Auslegung zugänglich sind und dass der Umlagemaßstab auch im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechts (§ 315 BGB) des Vermieters nicht geändert werden kann.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 22.02.2006, VIII Z...