Leitsatz

a) Im Rechtsverkehr mit Verbrauchern benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Laufzeit von zehn Jahren einen Mieter von Verbrauchserfassungsgeräten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

b) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kaufvertrags über entsprechende Erfassungsgeräte, die es dem Verkäufer bei Zahlungsverzug gestattet, unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Geräte bis zur Kaufpreiszahlung vorläufig wieder zurückzunehmen, widerspricht dem wesentlichen Grundgedanken des § 449 Abs. 2 BGB und ist im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 307

 

Kommentar

Die Entscheidung ist in einem Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) ergangen. Der Kläger ist ein Verein zur Wahrnehmung von Verbraucherinteressen im Sinne von § 4 UKlaG; die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das sich u. a. mit der Vermietung und dem Verkauf von Geräten zur Erfassung des Wärme- und Warmwasserverbrauchs befasst. Für den Abschluss der Miet- oder Kaufverträge verwendet die Beklagte Formularverträge, in denen im Fall der Miete eine Laufzeit von 10 Jahren vorgesehen ist. Im Fall des (Abzahlungs-)Kaufs ist vorgesehen, dass der Verkäufer die Geräte im Fall des Zahlungsverzugs "vorläufig" zurücknehmen kann. Der BGH hat entschieden, dass beide Klauseln unwirksam sind.

1. Zur Miete

In dem Mietvertragsformular wird durch die Vermieterin der Wärme- und Warmwasserverbrauchserfassungsgeräte regelmäßig handschriftlich eingetragen: "Laufzeit i.J.10". Der BGH stellt klar, dass es sich dabei um eine vorformulierte Klausel handelt, die nach AGB-Kriterien zu beurteilen ist. Danach kommt es im Einzelfall darauf an, ob der Vertragspartner des Verwenders durch die Laufzeit des Vertrags unangemessen benachteiligt wird. Maßgebend ist eine Interessenabwägung, wobei von der typischen Interessenlage der beteiligten Verkehrskreise auszugehen ist.

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt der BGH zum Ergebnis, dass es unbillig ist, wenn dem Mieter über eine so lange Zeit das Risiko der sinnvollen Verwendung der Geräte auferlegt wird und ihm der Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen verwehrt ist. Diese Rechtsprechung hat zur Folge, dass der Mieter von Verbrauchserfassungsgeräten einen auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag vorzeitig kündigen kann.

Welche Laufzeit in einem solchen Formularvertrag vereinbart werden darf, hat der BGH nicht entschieden.

2. Zum Kauf

Seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 ist in § 449 Abs. 2 BGB geregelt, dass der Verkäufer eine unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sache nur herausverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. Ein Recht zur "vorläufigen" Inbesitznahme im Fall des Zahlungsverzugs sieht die gesetzliche Regelung nicht vor.

Allerdings ist § 449 Abs. 2 BGB abdingbar. Fraglich ist allein, ob die Regelung auch durch Formularvertrag abbedungen werden kann. Dies hängt davon ab, ob § 449 Abs. 2 BGB Ausdruck eines allgemeinen Gerechtigkeitsgebots ist oder der Vorschrift nur Zweckmäßigkeitserwägungen zugrundeliegen.

Nach Ansicht des BGH dient die Regelung dem Schutz des Käufers, der nur dann zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sein soll, wenn er die Ware behalten darf. Dies ist Ausdruck eines den Käufer schützenden Gerechtigkeitsgebots mit der Folge, dass hiervon abweichende Formularklauseln unwirksam sind.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 19.12.2007, XII ZR 61/05

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