Leitsatz

  1. Wahl von nur zwei Beiratsmitgliedern als ungültiger Beschluss
  2. Ggf. auch Bestellung eines Sonderausschusses möglich
 

Normenkette

§ 29 Abs. 1 Satz 2 WEG

 

Kommentar

  1. Laut Tagesordnung sollte der bislang aus drei Mitgliedern bestehende Verwaltungsbeirat neu gewählt werden. Allerdings erklärten sich nur zwei Eigentümer bereit, die Kandidatur anzunehmen. Der entsprechend verkündete Mehrheitsbeschluss wurde von einem Eigentümer angefochten, in beiden Vorinstanzen jedoch erfolglos. Das Landgericht Nürnberg-Fürth vertrat die Auffassung, dass die Wahl zwar nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche, aber folgenlos bleibe, weil die Nichtwahl eines dritten Beiratsmitglieds ohne Einfluss auf das Ergebnis der durchgeführten Wahl sei; die Eigentümer hätten lediglich einen Ergänzungsanspruch auf Bestellung eines dritten Mitglieds, der ggf. gerichtlich durchgesetzt werden müsse.

    Auf zugelassene Revision revidierte der BGH diese Ansicht.

  2. Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG ist ein Beirat mit drei Eigentümern zu besetzen. In objektiver Auslegung des Beschlusses – ausgehend vom Wortlaut – ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Beirat erst durch die spätere Wahl eines dritten Mitglieds konstituiert werden sollte; ein solcher Vorbehalt war dem Beschluss nicht zu entnehmen. Vielmehr sollte es bei diesem Beschluss mit zwei gewählten Eigentümern sein Bewenden haben.

    Der Beschluss ist zwar nicht nichtig; Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 29 Abs. 1 WEG. Es sollte auch nicht generell für die Zukunft von der gesetzlichen Bestimmung des § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG abgewichen werden. Die beschlussweise Bestellung allerdings von zwei Beiratsmitgliedern war rechtsfehlerhaft und anfechtbar (h.M.). Eine gesetzwidrige Besetzung entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Anderslautende Vereinbarungen gab es in dieser Gemeinschaft nicht.

    Auch die nachträgliche Bestimmung eines dritten Beirats – gleichgültig ob durch Mehrheitsbeschluss oder durch das Gericht – setzt in jedem Fall die Bereitschaft eines weiteren Wohnungseigentümers zur Übernahme des Amtes voraus; an deren Fehlen scheiterte aber gerade die Wahl eines dritten Beiratsmitglieds. Die Zulassung einer Nachwahl würde auch dazu führen, dass der Beirat bis zu seiner Komplettierung durch ein drittes Mitglied noch gar nicht eingesetzt und damit als Organ der Gemeinschaft bis dahin auch noch nicht handlungsunfähig wäre. Auch handelt es sich beim Beirat nicht um ein notwendiges Organ der Gemeinschaft, die Einsetzung steht vielmehr im Belieben der Eigentümer. Als Hilfs- und Kontrollorgan nimmt er lediglich ergänzende Funktionen wahr. Eine Gemeinschaft ist auch ohne Beirat in vollem Umfang handlungs- und funktionsfähig.

    Die Gemeinschaft hat also eigene Überzeugungsarbeit zu leisten, um hier noch einen dritten Eigentümer im Fall etwa bestehender Dringlichkeit zu einer "Kandidatur" zu bewegen. Andernfalls müsste eine Vereinbarung erfolgen, die erforderliche Zahl der Beiratsmitglieder zu reduzieren.

  3. Eine Gemeinschaft kann im Übrigen auch für bestimmte einzelne Aufgaben einen Sonderausschuss einsetzen und beschließen lassen, sofern dadurch nicht den Eigentümern und dem Verwalter zugewiesene Befugnisse beschnitten werden. Hier hat die Gemeinschaft die Möglichkeit, auch die Anzahl der Mitglieder eines solchen Ausschusses in eigenem Ermessen festzulegen, da das Gesetz hierfür keine ausdrückliche Festlegung enthält. Die Bestimmung der Mitgliederzahl muss auch hier lediglich Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
Anmerkung

Erfreulicherweise werden in der Praxis solche von § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG recht häufig abweichende Beschlüsse nicht angefochten, insbesondere in kleineren Gemeinschaften, da hier die restlichen Eigentümer meist sehr froh darüber sind, überhaupt ein oder zwei Kandidaten mit Bereitschaft zur Übernahme eines Beiratsamts gefunden zu haben. Ohne Anfechtung besitzt dann zunächst einmal bis zu etwaiger Neuwahl ein solches unterrepräsentiertes Gremium die entsprechende Organstellung mit allen gesetzlichen und/oder vereinbarten Rechten und Pflichten. Im Anfechtungsfall ist allerdings die Bestellung auch eines "Rumpfbeirats" zunächst schwebend gültig (also nicht nichtig), nach rechtskräftiger Beschlussungültigkeitsentscheidung entfällt die Einsetzung jedoch rückwirkend.

Noch nicht entschieden wurde allerdings die Frage, wie sich auf einen gesetzeskonform bestellten 3-köpfigen Beirat – bestehend aus Wohnungseigentümern – die Rechtslage darstellt, wenn ein Beiratsmitglied etwa sein Amt niederlegt (was ihm grundsätzlich jederzeit möglich ist), weil er z. B. sein Wohnungseigentum veräußert hat, umgezogen ist, keine Zeit mehr hat, ihn Streitigkeiten frustrieren oder wenn er gar verstorben ist. Insoweit besteht hier m.E. der sog. Schrumpfbeirat einstweilen in berechtigter Organstellung auch unterrepräsentiert fort, bis der Beirat neu gewählt oder durch Ergänzungswahl wieder vervollständigt wird; diese Ansicht ist allerdings umstritten.

Moderne Gemeinschaftsordnungen sollten gerade aus vor...

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