Leitsatz
Wohnungseigentümer können die Aufnahme bestimmter Punkte auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung verlangen, wenn sachliche Gründe für deren Behandlung sprechen. Allerdings darf die Ladungsfrist noch nicht abgelaufen sein.
Sachverhalt
Im Januar 2010 meldete ein Wohnungseigentümer dem Verwalter, dass in seiner Wohnung zu hohe Temperaturen herrschten. Der Verwalter solle deshalb die Heizung so regulieren, dass in den Wohnungen eine Temperatur von über 22 Grad Celsius nicht überschritten werde. Am 9.10.2010 forderte er den Verwalter auf, das Heizungsproblem auf die Tagesordnung einer für den 2.12.2010 geplanten Eigentümerversammlung zu setzen.
Der Verwalter kam dem nicht nach und versandte die Tagesordnung vom 16.11.2010 ohne diesen TOP. Daraufhin beantragte der Eigentümer am 24.11.2010 bei Gericht, gegen den Verwalter eine einstweilige Verfügung zu erlassen, den gewünschten TOP noch auf die Tagesordnung zu setzen. Am 2.12.2010 erklärte der Eigentümer diesen Antrag für erledigt und beantragte nun, dem Verwalter durch einstweilige Verfügung aufzugeben, unverzüglich eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem gewünschten TOP einzuberufen. Die Anträge des Wohnungseigentümers bleiben erfolglos.
Als der Eigentümer seinen Antrag am 24.11.2010 bei Gericht einreichte, hatte er keinen Anspruch mehr darauf, dass der Verwalter den TOP noch auf die Tagesordnung für den 2.12.2010 setzt. Ein Miteigentümer kann zwar grundsätzlich verlangen, dass der Verwalter einen bestimmten Punkt auf die Tagesordnung nimmt, wenn dessen Behandlung ordnungsgemäßer Verhandlung entspricht. Das setzt nur voraus, dass sachliche Gründe dafür sprechen, den Punkt in der Eigentümerversammlung zu erörtern und darüber abzustimmen. Der Eigentümer kann aber dann keine Aufnahme des TOP verlangen, wenn der Beschluss, der hierzu gefasst werden könnte, von vornherein anfechtbar wäre, weil die 2-wöchige Ladungsfrist nicht mehr gewahrt werden kann. Es wäre mit dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung unvereinbar, sehenden Auges eine solche Anfechtungsgefahr hervorzurufen.
Als der Eigentümer seinen Antrag bei Gericht eingereicht hat, war die Ladungsfrist abgelaufen. Es war auch nicht gerechtfertigt, die Ladungsfrist zu verkürzen, da der Antrag nicht besonders dringlich war. Das Heizungsproblem war dem Eigentümer schon länger bekannt, bevor er Aufnahme auf die Tagesordnung verlangt hat. Zudem handelte es sich um eine technisch komplexe Frage, bei der die Eigentümer eine angemessene Zeit haben müssen, um sich vorzubereiten. Der Eigentümer kann auch nicht verlangen, dass der Verwalter durch einstweilige Verfügung verpflichtet wird, eine neue Versammlung einzuberufen. Es fehlt an einem Verfügungsgrund.
Zwar ist es grundsätzlich möglich, einen Anspruch auf Aufnahme eines bestimmten TOP durch einstweilige Verfügung durchzusetzen. Dann muss der Eigentümer aber so dringend auf die Erfüllung seines Anspruchs angewiesen sein, dass er ein Hauptsacheverfahren über die Aufnahme des TOP nicht abwarten kann, ohne dass ihm unverhältnismäßig großer Schaden droht. Hier war die Sache nicht dringlich. Abgesehen davon, dass der Eigentümer von Januar bis Oktober gewartet hat, bis er den Antrag an die Hausverwaltung gestellt hat, ist nicht ersichtlich, dass die Wohnung unbewohnbar wäre oder irreparable Schäden drohen.
Auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gibt keinen Grund, eine einstweilige Verfügung zu erlassen. Zwar hat der Verwalter seine Ablehnung, den TOP auf die Tagesordnung zu nehmen, so knapp vor der Versammlung mitgeteilt, dass der Eigentümer die Ladungsfrist nicht mehr hätte wahren können. Das allein rechtfertigt aber keine einstweilige Verfügung. Hierdurch ist der Eigentümer auch nicht schutzlos gestellt, denn wenn die Hausverwaltung pflichtwidrig einen TOP nicht in die Tagesordnung aufnimmt, macht sie sich schadensersatzpflichtig. Sie muss dann auf eigene Kosten eine außerordentliche Versammlung einberufen, um den Schaden möglichst effektiv wieder gutzumachen.
Link zur Entscheidung
LG München I, Urteil v. 16.5.2011, 1 S 5166/11.