1 Leitsatz
Die Klage eines Wohnungseigentümers gegen den anderen Wohnungseigentümer, das Wohnungseigentum aufzuheben, ist eine WEG-Streitigkeit.
2 Normenkette
§§ 9, 11, 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG
3 Das Problem
In der Wohnungseigentumslage gibt es 2 Wohnungseigentümer. Wohnungseigentümerin K ist Eigentümerin der Wohnungseigentumsrechte 1 und 2, bei denen das Sondereigentum im Gebäude Y gelegen ist, Wohnungseigentümerin B die Eigentümerin des Wohnungseigentumsrechts 3, bei dem das Sondereigentum im Gebäude Z gelegen ist. Mit notariellem Vertrag ändern K und B die Teilungserklärung, um es B zu ermöglichen, anstelle des Gebäudes Z ein neues Gebäude zu errichten, in dem es dann 8 Wohnungen geben soll. Weiter vereinbaren K und B eine Realteilung in der Weise, dass beide Gebäude zukünftig auf getrennten Grundstücken stehen. Dazu heißt es in dem Vertrag unter anderem: "B hat bereits eine Realteilung des Grundstücks mit dem Ziel beauftragt, das nach Vermessung und katasteramtlicher Fortschreibung die Teilungserklärung für das im Eigentum der K befindliche Haus nebst Freiflachen aufgehoben und als Realeigentum im Grundbuch fortgeschrieben wird. Diese Grundstücksfläche ist in dem als Anlage 3 beigefügten Lageplan eingezeichnet und mit den Buchstaben A-B-C-D-E-F-G-H-A umschrieben. Nach Vermessung und katasteramtlicher Fortschreibung ist die mit A-B-C-D-E-F-G-H-A bezeichnete Teilflache von der Eigentümergemeinschaft in das Alleineigentum der K aufzulassen unter gleichzeitiger Aufhebung der Teilungserklärung für diese Teilflache. Die Beteiligten verpflichten sich, nach Vermessung und katasteramtlicher Fortschreibung sämtliche hierzu erforderlichen Erklärungen abzugeben". K nimmt B vor diesem Hintergrund vor dem LG auf Zustimmung zu den für die Teilungsvermessung notwendigen Baulasten zur Wahrung des Brandschutzabstands, einer befahrbare Zufahrt und Ver- und Entsorgungsleitungen aller Art von der öffentlichen Verkehrsfläche, der Bauabstandsflächen und der Erfüllung der Stellplatzpflicht in Anspruch. Fraglich ist, ob eine WEG-Streitigkeit vorliegt.
4 Die Entscheidung
Das LG bejaht die Frage! § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG solle unter anderem Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern aus dem sogenannten sachenrechtlichen Grundverhältnis erfassen, um aus dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie eine Entscheidung durch den Richter am Ort der Belegenheit des Grundstücks zu ermöglichen und weil diese Streitigkeiten typischerweise wohnungseigentumsrechtliche Rechtsfragen betreffen. Die frühere Einschränkung auf Streitigkeiten aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sei am 1.12.2020 entfallen. Ausdrückliche Erwägungen zur Zuständigkeit für die Aufhebung der Gemeinschaft, die in § 11 WEG gesetzlich geregelt sei, aber auch vertraglich vereinbart werden könne, fehlten zwar. Stimmen im Schrifttum gingen aber davon aus, dass auch der Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen auf Aufhebung der Gemeinschaft unter die Zuständigkeit gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG falle. Diese Bewertung entspreche der allgemeinen Regel, dass § 43 Abs. 2 WEG so weit wie möglich auszulegen sei und alle Fälle erfasse, in denen das in Anspruch genommene Recht oder die behauptete Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei. Diese Erwägungen träfen für den Fall der Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 11 WEG ebenso zu wie für den vorliegenden Fall der vertraglich vereinbarten Aufhebung, die beide auf eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen zielten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob eine WEG-Streitigkeit vorliegt, wenn ein Wohnungseigentümer mit seiner Klage darauf zielt, das bestehende Wohnungseigentum aufzuheben. Das LG bejaht die Frage nach den Grundlagen, die allgemein gelten. Ihm ist zuzustimmen.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
§ 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG spielt für die Verwaltungen keine Rolle. Dies gilt aber nicht für den ganzen § 43 Abs. 2 WEG. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sind nach § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG eine WEG-Streitigkeit. Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist daher ausschließlich zuständig.
6 Entscheidung
LG Köln, Beschluss v. 25.7.2023, 15 O 235/23