1 Leitsatz
Begehrt ein Wohnungseigentümer in einer verwalterlosen Gemeinschaft durch Beschlussersetzungsklage die Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung (§ 24 Abs. 3 WEG), können auch bei einem sofortigen Anerkenntnis dem klagenden Wohnungseigentümer die Prozesskosten nicht nach § 93 ZPO auferlegt werden, da er gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sein Rechtsschutzziel nur durch eine Klage erreichen kann.
2 Normenkette
§§ 24 Abs. 3, 44 WEG; § 93 ZPO
3 Das Problem
In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es 3 Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer können sich nicht auf die Durchführung einer Versammlung einigen. Wohnungseigentümer 1 verklagt daher die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf eine Ermächtigung nach § 24 Abs. 3 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erkennt diesen Anspruch an. Die Parteien streiten um die Kosten des Verfahrens. Das AG legt die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf. Es meint, die Voraussetzungen des § 93 ZPO lägen nicht vor. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Die Voraussetzungen des § 93 ZPO lägen nicht vor. Wohnungseigentümer 1 habe nicht davon ausgehen dürfen, ohne die Klage zu seinem Recht auf Einberufung einer Versammlung zu gelangen. Vielmehr habe für Wohnungseigentümer 1 kein anderer Weg als der Klageweg bestanden, um zu dem gewünschten Ziel, der Durchführung einer Versammlung, zu gelangen. Zur Einberufung einer Versammlung in einer verwalterlosen Wohnungseigentümergemeinschaft sei, wenn wie hier, ein Verwaltungsbeiratsvorsitzender fehle, nur ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer befugt (§ 24 Abs. 3 WEG). Einen Beschluss, der den Wohnungseigentümer 1 zur Einberufung ermächtigt habe, hätten die Wohnungseigentümer nicht gefasst. Um daher eine Versammlung einberufen zu können, sei eine Beschlussersetzungsklage erforderlich gewesen. Zwar hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass sich die Wohnungseigentümer zu einer Vollversammlung treffen. Hierzu sei es aber nicht gekommen. Die Gründe für das Scheitern einer Vollversammlung seien bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 93 ZPO vorlägen, nicht zu berücksichtigen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Kosten für eine WEG-Streitigkeit (eine Beschlussersetzungsklage). Ein Wohnungseigentümer will eine Versammlung einberufen. Das kann er aber nur, wenn ihn die anderen Wohnungseigentümer hierzu ermächtigen. Das ist nach § 24 Abs. 3 WEG möglich. Dieser lautet: "Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden". Diesen Beschluss strebt der klagende Wohnungseigentümer an. Im Fall ist das kein Problem, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die von den verbliebenen Wohnungseigentümern vertreten wird, den Anspruch anerkennt. Fraglich ist nur, ob dies rechtzeitig geschehen ist, um die Kosten nicht tragen zu müssen.
Anerkenntnis und Kosten
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen nach § 93 ZPO ausnahmsweise dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. Geht es um eine Ermächtigung, hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer immer zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, wenn sie nicht bereit war, einen Wohnungseigentümer zu ermächtigen.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Der Fall zeigt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den eingeklagten Anspruch anerkennen kann. Wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vom Verwalter vertreten, ist indes streitig, ob er dazu berechtigt ist. Eine Verwaltung sollte hier vorsichtig agieren und im Zweifel eine Verurteilung hinnehmen.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 20.3.2024, 2-13 T 7/24