1 Leitsatz
Fassen Miteigentümer eines Wohnungseigentums Beschlüsse, unterfallen diese nicht § 43 Nr. 4 WEG.
2 Normenkette
§§ 43 Nr. 4 ZPO; 745 Abs. 1 BGB; 256 ZPO
3 SachverhaltDas Problem
W1 bis W10 sind die Miteigentümer des Wohnungseigentums 1 und zugleich sämtliche Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage. Sie fassen in Bezug auf das Wohnungseigentum 1 mehrere Beschlüsse. Gegen diese geht W1 im Wege der Anfechtungsklage nach §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 Satz 1 WEG vor. Fraglich ist, ob es sich überhaupt um eine Streitigkeit über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer i. S. v. § 43 Nr. 4 WEG handelt.
4 Die Entscheidung
Das LG verneint die Frage. Es handele sich um keine Streitigkeit über die Gültigkeit von Beschlüssen nach § 43 Nr. 4 WEG. Beschlüsse i. d. S. seien nur solche, die Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft fällen würden.
Hinweis
Nach § 43 Nr. 4 WEG liegt eine WEG-Streitigkeit vor, wenn über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer gestritten wird. So ein Beschluss liegt formal betrachtet auch dann vor, wenn sämtlichen Wohnungseigentümern in einer Gemeinschaft nach Bruchteilen ein Wohnungseigentum zusteht. Denn das Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Ein Beschluss der Teilhaber eines Bruchteileigentums bezieht sich mithin immer auch auf die Verwaltung und/oder den Gebrauch und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Das ist evident, wenn das Wohnungseigentum im Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer steht. Steht es nur im Eigentum einiger Wohnungseigentümer, ändert sich aber auch nichts. Ungeachtet dessen ist es richtig, wenn das LG einen Streit der Teilhaber an einem Wohnungseigentum grundsätzlich nicht als eine WEG-Streitigkeit ansieht. Diese Zuordnung folgt allerdings nur aus dem Sinn und Zweck des § 43 Nr. 4 WEG. Dieser will nur solche Beschlüsse als WEG-Streitigkeit ansehen, die von allen Wohnungseigentümern als Bruchteilseigentümer in Bezug auf die gesamte Wohnungseigentumsanlage gefasst wurden. Dies trifft auf Beschlüsse der Teilhaber eines Wohnungseigentums grundsätzlich nicht zu. Anders soll es allerdings ausnahmsweise liegen, wenn die Teilhaber eines Mehrfachparkers über den Gebrauch der Stellplätze streiten (BGH, Beschluss v. 20.2.2014, V ZB 116/13, Rz. 10).
Ausblick WEG-Reform
Das WEMoG wird die Rechtslage nicht ändern. Allerdings ist die Anfechtungsklage jetzt in §§ 43 Abs. 2 Nr. 4, 44 Abs. 1 Satz 1 WEG geregelt.
5 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 18.2.2020, 2-13 S 140/19