1 Leitsatz

Die Klage auf Vollzug eines Teilungsvertrags kann eine WEG-Streitigkeit sein.

2 Normenkette

§ 43 Abs. 2 WEG; § 72 Abs. 2 GVG

3 Das Problem

A und B sind Teilhaber einer Bruchteilseigentümergemeinschaft an einem Grundstück. A verlangt von B, dass dieser ihm Versorgungs- und Bewirtschaftungskosten erstattet, die A für das Grundstück verauslagt hat. B verlangt mit einer Widerklage, dass A einem Teilungsvertrag sowie dessen Vollzug gegenüber dem Grundbuchamt zustimmt. Fraglich ist, ob das angerufene LG Potsdam oder das Amtsgericht zuständig ist.

4 Die Entscheidung

Das LG Potsdam meint, das Amtsgericht sei zuständig! Es liege eine WEG-Streitigkeit vor. Denn zu den Wohnungseigentumssachen gehörten gem. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG u. a. Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Diese Bestimmung sei weit auszulegen. Ausschlaggebend für die Zuständigkeit sei nicht die Rechtsgrundlage, aus der die Ansprüche hergeleitet werden, sondern der Umstand, ob das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei (Hinweis auf BGH, Urteil v. 13.12.2019, V ZR 313/16).

Bei der Widerklage handele es sich damit um eine WEG-Streitigkeit. Dass es noch kein in Wohnungseigentum aufgeteiltes Grundstück gebe, sei unerheblich. Zwar gehörten Ansprüche aus einem Vertrag über den Erwerb von Wohnungseigentum nicht zu den in § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG genannten Streitigkeiten (Hinweis auf BGH, Urteil v. 21.7.1974, V ZR 164/72). Die Parteien stritten aber nicht über kaufvertragliche Übereignungs- oder Zahlungsansprüche, sondern über die mit dem Kaufvertrag bereits verbindlich vereinbarte Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum. Die Parteien hätten in diesem Kaufvertrag schon vor der Aufteilung geltende Regelungen für die Ausgestaltung der Teilungserklärung sowie der Gemeinschaftsordnung festgelegt. Hierzu gehöre u. a., dass die Kosten der Instandhaltung, der Wartung, der Instandsetzung und ggf. der Erneuerung der Heizungsanlage von beiden Parteien jeweils hälftig getragen würden, dass die Einspeisevergütung aus der auf dem Dach des Doppelhauses sich befindenden einheitlichen Fotovoltaikanlage beiden Parteien zu jeweils 50 % zustehe und auf das gemeinschaftliche WEG Konto flössen und somit für erforderliche Instandsetzungsarbeiten zur Verfügung stehen sollen, und dass bis zum Vollzug der Teilung jeder Miteigentümer die sein zukünftiges Sondereigentum betreffenden Kosten, insbesondere Verbrauchskosten, allein trage; die übrigen Kosten seien jeweils hälftig zu teilen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, welches Gericht für eine Klage zuständig ist. Maßgeblich ist die Klage des K.

WEG-Streitigkeiten

Was eine WEG-Streitigkeit ist, bestimmt § 43 Abs. 2 WEG. Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist danach ausschließlich zuständig für:

  • Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander;
  • Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern;
  • Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter;
  • Beschlussklagen gem. § 44 WEG.

Keiner dieser Fälle liegt vor. Denn K und B sind keine Wohnungseigentümer und waren keine Wohnungseigentümer. Dass sie Wohnungseigentümer werden wollten oder wollen, ist unerheblich. Bruchteilseigentümer bilden keine Wohnungseigentümergemeinschaft. Ihre Binnenbeziehungen sind nicht Gegenstand des Gemeinschaftsverhältnisses der Wohnungseigentümer, sondern des allgemeinen Zivilrechts (BGH, Beschluss v. 20.2.2014, V ZB 116/13). Die gegenteilige Sichtweise des LG ist daher schlecht vertretbar (s. auch OLG Brandenburg, Beschluss v. 21.2.2022, 1 AR 2/22 (SA Z)).

Widerklage

Auf die Widerklage kam es nicht an. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 ZPO vorlägen (bei dem Gericht der Klage kann danach eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht): Auch die Widerklage wäre offensichtlich keine WEG-Streitigkeit.

6 Entscheidung

LG Potsdam, Beschluss v. 26.11.2021, 10 175/21

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