Rz. 34

Das Pflichtteilsrecht in der belarussischen Rechtsordnung schränkt den Erblasser in seiner Testierfreiheit im Vergleich zu dem in den §§ 2303 ff. BGB geregelten deutschen Pflichtteilsrecht nur in außerordentlichen Fällen ein. So dient Art. 1064 ZGB RB den Interessen minderjähriger oder arbeitsunfähiger Kinder, arbeitsunfähiger Ehegatten und Eltern des Erblassers, indem ausschließlich diesen Personen ein Pflichtteilrecht eingeräumt wird.[9] Sind Kinder des Erblassers 18 Jahre alt, also gem. Art. 20 Abs. 1 ZGB RB volljährig und zugleich arbeitsfähig, so können diese wie auch die arbeitsfähigen Ehegatten, Eltern und alle anderen gesetzlichen Erben durch eine entsprechende Verfügung des Erblassers wirksam enterbt werden. Punkt 12 des Plenumbeschlusses des Obersten Gerichts der Republik Belarus vom 21.12.2001[10] enthält eine verbindliche Kommentierung zu den Art. 1063 f. ZGB RB. Demnach gelten derzeit als arbeitsunfähig: Frauen und Männer im Pensionsalter, Behinderte der I, II und III Gruppe unabhängig vom etwaigen Bezug einer Behinderten- oder Altersrente sowie nichtvolljährige Personen.

 

Rz. 35

Die Pflichtteilshöhe der vorbezeichneten Pflichtteilsberechtigten beträgt jeweils nicht weniger als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Pflichtteilsberechtigten können nur im Falle der Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit gem. Art. 1038 ZGB RB den Pflichtteilanspruch verwirken.

 

Rz. 36

Der Pflichtteilsanspruch ist gem. Art. 1078 ZGB RB auf Begründung des Miteigentums nach Bruchteilen (im Sinne der Art. 246 ff. ZGB RB) am Nachlassvermögen gerichtet und stellt somit keinen Zahlungsanspruch dar.

[9] Chigir, Zivilrecht, Band 3, S. 526.
[10] OG RB Beschl. v. 21.12.2001, Nr. 16 in der Fassung vom 30.3.2017 Nr. 3.

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