Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 1 WEG, § 21 Abs. 3 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 3, 5 WEG, § 28 Abs. 5 WEG, § 47 S. 2 WEG, § 27 Abs. 1 FGG
Kommentar
1. Beschlüsse einer beschlussunfähigen Wohnungseigentümerversammlung sind nicht nichtig; § 25 Abs. 3 WEG ist abdingbar; Beschlüsse in tatsächlich beschlussunfähiger Versammlung werden deshalb nur auf rechtzeitige Anfechtung hin für ungültig erklärt.
2. Zum Formbild einer Jahresabrechnung stellt der Senat nochmals klar, dass auf der Einnahmenseite einer Jahresabrechnung kein offener Forderungsbetrag enthalten sein darf. Eine genehmigte Abrechnung kann insoweit für ungültig erklärt werden (Teilungültigkeit).
Enthält eine Jahresabrechnung auch eine in Form einer Bilanz gestaltete Übersicht über den "Vermögensstand zum Ende eines Wirtschaftsjahres", ist dies ebenso wie eine weitere Übersicht über "Zahlungsrückstände und Überzahlungen"nicht notwendiger Bestandteil einer Jahresgesamtabrechnung, auf die sich daher auch nicht der Eigentümerbeschluss erstreckt; Unrichtigkeit in diesen Teilen führt deshalb auch nicht zur Ungültigkeit des Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses.
Eine Jahresabrechnung muss auch die Angabe der Kontenstände der Bank-, Festgeld- und Sparkonten der Wohnungseigentümergemeinschaft enthalten. Im vorliegenden Fall gab die erwähnte Vermögensübersicht auch nur Kontenstände zum Ende des Geschäftsjahres wieder, was als unvollständig zu bezeichnen ist. Nach Senatsrechtsprechung muss auch der Kontenstand zum Jahresbeginn des abgerechneten Wirtschaftsjahres mitgeteilt werden, damit auf diese Weise Eigentümer die Ordnungsmäßigkeit der Jahresabrechnung überprüfen können. Ein solcher Mangel führt jedoch nicht zur Ungültigkeit eines Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses. Es ist nicht von Unrichtigkeit zu sprechen, sondern von einer Unvollständigkeit der Abrechnung, die zu einem Anspruch der Eigentümer gegen den Verwalter auf Ergänzung der Jahresabrechnung um die fehlenden Angaben und auf erneute Beschlussfassung über die ergänzte und berichtigte Jahresabrechnung führt (BayObLG, NJW-RR 92, 1169).
Im Übrigen billigt ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss nur die formelle und zahlenmäßige Richtigkeit einer Abrechnung [rechnerische Richtigkeit der Abrechnung!]. Ob einzelne Beträge zu Unrecht ausgegeben wurden, hat allein Einfluss auf die Frage der Entlastung des Verwalters (BayObLG Z 92, 210, 213).
3. Neue Einzelbeanstandungen einer Jahresabrechnung als neuer Sachvortrag, die in I. oder II. Instanz nicht vorgebracht wurden, können in III. Instanz nicht mehr sachlich geprüft werden, müssen also im Rechtsbeschwerdeverfahren unberücksichtigt bleiben (BayObLG, WE 92, 175/176).
4. Werden Mängel in einer Jahresabrechnung gerichtlich festgestellt, entspricht es auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG, dem Verwaltungsbeirat Entlastung zu erteilen. Ein solcher Entlastungsgenehmigungsbeschluss ist deshalb insgesamt für ungültig zu erklären.
5. Balkonbauteile sind im Wesentlichen gemeinschaftliches Eigentum; allenfalls der Bodenbelag und der Anstrich der Innenseiten können zu Sondereigentum erklärt werden (h.R.M.).
6. Auch ein Beschluss, ein Verwalterverhältnis in Änderung des bestehenden Vertrages mit dem Verwalter als Einzelperson künftig mit einer GmbH fortzusetzen, ist nicht zu beanstanden (trotz der damit verbundenen Haftungsbeschränkung), da heute Hausverwaltungsunternehmen vielfach in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden, ohne dass sich daraus Unzuträglichkeiten ergeben hätten und da bei einem Mindeststammkapital von DM 50.000,- auch bei einer GmbH ausreichend Vorsorge getroffen ist, dass etwaige Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter realisiert werden können.
Da ein Beschluss, ein Verwaltervertragsverhältnis mit einer GmbH fortzusetzen, inhaltlich einer Neubestellung nach § 26 Abs. 1 S. 1 WEG nahe kommt, durfte der Verwalter dabei auch mit den von ihm vertretenen Stimmen als Bevollmächtigter mitstimmen; bei einem solchen Beschluss ist § 25 Abs. 5 WEG (Stimmrechtsausschluss) nicht anwendbar (h. M.).
7. Es kann billigem Ermessen entsprechen, einem Wohnungseigentümer in einem WE-Verfahren die außergerichtlichen Kosten der übrigen Eigentümer jedenfalls teilweise aufzuerlegen, wenn er seit Jahren Anlass für Wohnungseigentumsverfahren gibt, die überwiegend zu seinen Lasten entschieden wurden.
Im vorliegenden Fall wurde der nur gering obsiegende Antragsteller für die ersten beiden Instanzen zur Tragung von § 5 der Gerichtskosten verurteilt bei gleichzeitiger Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragsgegner für die beiden ersten Instanzen je zur Hälfte. Im Rechtsbeschwerdeverfahren wurde der Antragsteller vollständig in die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten verurteilt.
Die Geschäftswertansätze der beiden ersten Instanzen unter Berücksichtigung der Einnahmen und Ausgaben eines Wirtschaftsjahres (hier von DM 770.000,-) wurden vom BayObLG auf DM 278.500,- für die beiden ersten Instanzen reduziert und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf DM 240.00...