Alexander C. Blankenstein
Wurde eine Baumaßnahme von den Wohnungseigentümern mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, ist hiermit eine Kostenbelastung sämtlicher Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG n. F. dann verbunden, wenn die bauliche Veränderung nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
Einmal das Eingangsbeispiel im vorangegangen Kapitel über die Errichtung der Schwimmhalle zugrunde gelegt, kann diese für den einen Wohnungseigentümer keine nennenswerte finanzielle Belastung, für den anderen aber eine erhebliche und mithin unverhältnismäßige Belastung darstellen. Mit Blick auf die Frage, ob eine bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, stellt der Gesetzgeber zunächst darauf ab, dass dabei nicht nur die zu erwartenden Baukosten, sondern auch die zu erwartenden Folgekosten für Gebrauch und Erhaltung maßgeblich sind. Diese Kosten seien in das Verhältnis zu den Vorteilen zu setzen, die die bauliche Veränderung verspreche, was eine wertende Betrachtung verlange. Dabei sei ein objektiver, auf die konkrete Anlage bezogener Maßstab anzulegen. Entscheidend seien daher nicht die Bedürfnisse und finanziellen Mittel des einzelnen überstimmten Wohnungseigentümers, sondern die der Gesamtheit der Wohnungseigentümer in der Anlage.
Dies zunächst zugrunde gelegt, könnte dazu führen, dass etwa in einer überwiegend gut situierten Eigentümergemeinschaft mit einigen wenigen sozial schwächeren Wohnungseigentümern oder auch Senioren, die diese Baumaßnahme ggf. aus gesundheitlichen Gründen gar nicht nutzen könnten, auch eine Luxusmaßnahme, wie die Errichtung einer Schwimmhalle, auf Kosten sämtlicher Wohnungseigentümer beschlossen werden könnte. Hier aber setzt der Gesetzgeber eine Zäsur, wonach die Bewertung je nach Charakter der Anlage und der Alters- und Sozialstruktur der Wohnungseigentümer unterschiedlich ausfallen könne. Bei besonders hohen Kosten sei eine Unverhältnismäßigkeit auch dann nicht ausgeschlossen, wenn alle Wohnungseigentümer finanziell in der Lage seien, diese Kosten zu tragen.
Dies wiederum zugrunde gelegt, würde dazu führen, dass sich die sozial schwächeren Wohnungseigentümer und Senioren unter ihnen auf eine unverhältnismäßige Kostenbelastung berufen könnten. Allerdings hätten sie diese Unverhältnismäßigkeit im Streitfall zu beweisen. Ob im Übrigen eine Kostenbelastung unverhältnismäßig oder noch verhältnismäßig ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung an, also auf die zu erwartenden Kosten. Die später tatsächlich entstehenden Kosten sollen dagegen keine Rolle spielen.
Grundsätzlich stellt sich das Problem, dass im Vorfeld der Beschlussfassung nicht vorauszusehen ist, wie viele Wohnungseigentümer für eine Maßnahme der baulichen Veränderung stimmen werden. Dies steht erst dann fest, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis verkündet hat. Hier stellt sich dann das weitere Problem, dass Wohnungseigentümer unter der Voraussetzung zugestimmt haben, dass eine Kostenverteilung tatsächlich unter allen Wohnungseigentümern erfolgt, tatsächlich aber nicht mehr als ein Drittel der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt oder nicht die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert haben. In solchen Fällen ist zu beachten, dass die Stimmabgabe, soweit sie dem Versammlungsleiter zugegangen ist, entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr widerrufen werden kann. Allerdings unterliegt die Stimmabgabe den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln für Willenserklärungen, also auch denen der Anfechtbarkeit gemäß §§ 119 ff. BGB. Eine wegen Irrtums angefochtene Stimmabgabe muss unverzüglich nach Kenntniserlangung des Anfechtungsgrunds erfolgen und hat im Übrigen keine Auswirkungen auf die Stimmabgabe der anderen Wohnungseigentümer.
Freilich sollten derartige Probleme erst gar nicht provoziert, sondern die Beschlussfassung insgesamt transparent gestaltet werden.
Abstimmung im Substraktionsverfahren
Unter Bezugnahme auf die zulässige Abstimmung im Substraktionsverfahren, weist der Gesetzgeber insbesondere in kleineren Wohnanlagen auf die Möglichkeit hin, zunächst nicht die "Ja"-Stimmen abzufragen, sondern nach den "Nein"-Stimmen zu fragen.
Abstimmung
Soll etwa über die Errichtung von Sonnenkollektoren ein Beschluss gefasst werden und sind von den 20 Wohnungseigentümern 15 in der Versammlung anwesend, von denen dann 5 bei der Abfrage der "Nein"-Stimmen ihre Hand heben, wird für die übrigen Wohnungseigentümer erkennbar, dass das qualifizierte Quorum mit der Folge einer Kostenverteilung unter sämtlichen Wohnungseigentümern nicht erreicht wird. Denn die übrigen 10 Wohnungseigentümer stellen zwar 2/3 der Wohnungseigentümer dar, aber eben nicht mehr als 2/3 von ihnen, wie es § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG n. F. verlangt. Wollen diese 10 Wohnungseigentümer oder auch nur einer von ihnen für den Fall des Zustandekommens eines einfachen Mehrheitsbeschlusses nicht mit den Kosten...