Alexander C. Blankenstein
In der Wohnungseigentümerversammlung kann sich jeder Wohnungseigentümer durch jede beliebige Person vertreten lassen. In aller Regel ist allerdings die Vertretung in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, wobei sich diese Beschränkung in den häufigsten Fällen auf den Verwalter, andere Wohnungseigentümer oder den Ehegatten bezieht. Eine solche Regelung ist grundsätzlich zulässig. Möchte sich der Wohnungseigentümer in der Versammlung vertreten lassen, muss er diese Person zur Ausübung seines Stimmrechts bevollmächtigen. Er kann sich bei der Ausübung seines Stimmrechts auch durch mehrere Bevollmächtigte vertreten lassen. Diese können aber nur einheitlich abstimmen, wenn sie gleichzeitig in der Versammlung anwesend sind.
Alte Rechtslage
Die Erteilung der Vollmacht bedarf nach derzeit noch geltender Rechtslage keiner bestimmten Form. Dringend zu beachten ist allerdings, dass auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung keine bestimmten Formvorschriften bezüglich der Vollmachtserteilung enthält, § 174 BGB zu beachten ist. Hiernach kann die Vollmacht dann zurückgewiesen werden, wenn sie nicht in schriftlicher Form nachgewiesen wird. Das Fehlen von Originalvollmachten vertretener Wohnungseigentümer muss in der Eigentümerversammlung freilich vor der Abstimmung und Beschlussverkündung gerügt werden.
Neue Rechtslage
Der Gesetzgeber will künftig vermeiden, dass Stimmen von Vertretern der Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 174 BGB zurückgewiesen werden können. Zwar sollen unnötige Unsicherheiten über die Vertretungsverhältnisse in der Versammlung beseitigt werden, dies allerdings in zeitgemäßer Art und Weise. Zunächst einmal ist es zweifellos den einzelnen Wohnungseigentümern zumutbar, im Vertretungsfall eine Vollmacht zu erteilen. Da dies aber in Textform ausreichen soll, kann der Vollmachtsnachweis notfalls sogar noch während der Versammlung z. B. durch E-Mail oder SMS erbracht werden. Jedenfalls soll die Stimme eines wirksam bevollmächtigten Vertreters nicht deshalb unbeachtlich sein, weil sie nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen wurde. Da § 25 Abs. 3 WEG n. F. der Bestimmung des § 174 Satz 1 BGB als Sondervorschrift vorgeht, kann also eine in Textform vorgelegte Vollmacht nicht mehr nach vorerwähnter Vorschrift zurückgewiesen werden.
Rechtslage ungeklärt bei Fehlen einer Vollmacht in Textform
Die in der Praxis nicht ganz unbeachtliche Frage, was gelten soll, wenn eine Vollmacht nicht in Textform vorgelegt werden kann, lassen sowohl der Gesetzentwurf als auch dessen Begründung offen. Der Gesetzgeber verweist zwar auf die insoweit auch im GmbH-Recht umstrittene Frage, nimmt jedoch keine Stellung, sondern verweist auf eine entsprechende Klärung durch die Rechtsprechung. Konkret wäre jedenfalls die Frage zu klären, ob eine nicht in Textform vorliegende Vollmacht – also die lediglich mündlich erteilte – unwirksam ist oder nur zur Zurückweisung berechtigt. Allerdings dürfte der Wortlaut des § 25 Abs. 3 WEG n. F. dafür sprechen, dass eine nicht in Textform vorliegende Vollmacht unwirksam ist, da die Textform Gültigkeitsvoraussetzung ist.
Ehegatten
Grundsätzlich können sich Ehegatten ohne Weiteres untereinander wechselseitig zur Stimmabgabe bevollmächtigen. Dabei ist anerkannt, dass Ehegatten auch ohne eine ausdrückliche Vertretungsregelung in der Gemeinschaftsordnung jeweils einzeln berechtigt sind, auch allein das gemeinschaftliche Stimmrecht ihrer Einheit wahrzunehmen; einer Vollmachtvorlage bedarf es nicht. Dies wird sich auch nach künftiger Rechtslage nicht ändern. Ebenfalls nicht ändern wird sich die Rechtslage zur Bevollmächtigung bei Sondereigentum im Bruchteilseigentum. Steht das Sondereigentum mehreren Personen – insbesondere Eheleuten – gemeinschaftlich zu, führt das nicht dazu, dass jeder der Mitberechtigten eine Stimmrechtsvollmacht erteilen muss. Vielmehr reicht es aus, dass die Vollmacht nur von einem Ehegatten im Einverständnis mit dem anderen erteilt wird.
Einsichtsrecht gewähren
Im Übrigen hat jeder Versammlungsteilnehmer jederzeit im Laufe einer Eigentümerversammlung das Recht auf Einsicht in die Vollmachten. Dieses Recht steht nicht etwa nur dem Verwaltungsbeirat zu. Wird die Bitte um Einsichtnahme zurückgewiesen, stellt dies einen Beschlussmangel dar und führt zur Ungültigkeit der dann angefochtenen Beschlüsse. Diese zur derzeitigen Rechtslage ergangene Rechtsprechung wird auch unter Geltung des WEMoG zu beachten sein: Dem Einsicht begehrenden Wohnungseigentümer ist dann Einsicht in die in Textform erteilten Vollmachten zu gewähren.