Alexander C. Blankenstein
Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird in Zukunft eine erheblich größere Bedeutung zukommen. So werden z. B. neben der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, die ihr obliegen wird, Anfechtungs-, Nichtigkeits- und Beschlussersetzungsklagen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erheben sein. Die Bruchteilsgemeinschaft der Wohnungseigentümer wird nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
1.1 Der Begriff "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer"
Während Rechtsprechung und Literatur auch die Begriffe
- "Wohnungseigentümergemeinschaft",
- "Verband" oder
- "(teil)rechtsfähige Gemeinschaft"
verwenden, wird in den hier vorliegenden Ausführungen ausschließlich der Begriff "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" verwendet, wenn es um die Rechte und Pflichten sowie die Bezeichnung der nunmehr uneingeschränkt rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft – mithin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – geht. Nach § 9a Abs. 1 Satz 3 WEG n. F. führt sie im Außenverhältnis entweder die Bezeichnung "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" oder "Wohnungseigentümergemeinschaft". Soweit hingegen das Innenverhältnis – insbesondere mit Blick auf die Beschlussfassung – betroffen ist, wird hier die Rede von der "Wohnungseigentümergemeinschaft" sein.
1.2 Weitgehende Vertragsautonomie
1.2.1 Lockerung der Vereinbarungskompetenz
Im Zuge der WEG-Reform 2007 waren Einzelregelungen in den §§ 12 Abs. 4 Satz 2, 16 Abs. 5 und 22 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. in das Gesetz aufgenommen worden. Mit diesen Regelungen sollte sichergestellt werden, dass die entsprechend geschaffenen Beschlusskompetenzen der Vorschriften
- § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG a. F. – Aufhebung vereinbarter Veräußerungsbeschränkung,
- § 16 Abs. 3 WEG a. F. – einfach-mehrheitliche Abänderung des für Betriebs- und Verwaltungskosten geltenden Kostenverteilungsschlüssels,
- § 16 Abs. 4 WEG a. F. – qualifizierte Beschlussfassung über die Änderung der Kostenverteilung von Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie Maßnahmen der baulichen Veränderung und
- § 22 Abs. 2 WEG a. F. – qualifizierte Beschlussfassung über Modernisierungen des Gemeinschaftseigentums
nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer eingeschränkt bzw. abbedungen werden können.
Im Gegensatz zur Anordnung der Unabdingbarkeit vorerwähnter Regelungen, geht der Gesetzgeber im Rahmen des WEMoG mit § 47 WEG n. F. einen moderateren Weg. Zwar sollen die durch das WEMoG neu geschaffenen gesetzlichen Regelungen nicht durch bestehende Vereinbarungen verdrängt werden, allerdings will der Gesetzgeber den Wohnungseigentümern eine erweiterte Vereinbarungskompetenz einräumen, indem er gerade von einer Anordnung der Unabdingbarkeit, insbesondere von Bestimmungen über die Möglichkeit einer Kostenverteilungsänderung, absieht und so die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer nicht einschränkt.
In diesem Zusammenhang ist auch die mit der bisherigen Rechtslage korrespondierende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG n. F. in den Blick zu nehmen, die es den Wohnungseigentümern grundsätzlich gestattet, vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zu treffen, soweit sich nicht etwas anderes ausdrücklich aus dem Gesetz ergibt. Zwar werden die durch das WEMoG geschaffenen inhaltlichen Änderungen vielfach auch in den Wohnungseigentümergemeinschaften gelten, in deren Gemeinschaftsordnungen Abweichendes vereinbart ist. Allerdings haben diese Wohnungseigentümer durchaus die Kompetenz, die Rechtslage innerhalb ihrer Gemeinschaft aufgrund der durch das WEMoG angeordneten neuen gesetzlichen Bestimmungen individuell zu gestalten und anzupassen. Würde hingegen entsprechend der bisherigen §§ 12 Abs. 4 Satz 2, 16 Abs. 5 und 22 Abs. 2 Satz 2 WEG a. F. die Unabdingbarkeit bestimmter gesetzlicher Regelungen angeordnet, wäre dies gerade nicht mehr möglich. Insoweit sieht das WEMoG auch keine mit den vorerwähnten Bestimmungen korrespondierenden Regelungen mehr vor.
1.2.2 Weiterhin unabdingbare gesetzliche Regelungen
Zwar findet eine allgemeine Inhaltskontrolle der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung regelmäßig nicht statt. Zwingende gesetzliche Regelungen können allerdings nach wie vor auch durch Vereinbarung nicht ersetzt bzw. geändert werden. Grenzen setzen hier zunächst §§ 134, 138 und 242 BGB. Auch spezialgesetzlich sind den Wohnungseigentümern Grenzen ihrer Vereinbarungskompetenz gesetzt.
Spezialgesetzliche Regelungen
So kann gemäß § 56 Satz 2 ZVG keine Haftung des Erstehers in der Zwangsversteigerung für Hausgeldrückstände des Wohnungseigentümers vereinbart werden.
Bei der Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten sind nach § 3 HeizkostenV stets die Vorschriften der Heizkostenverordnung zu beachten.
Die allgemein-zivilrechtlichen Regelungen des BGB über die Voraussetzungen des Verzugs nach den §§ 286 ff. BGB stehen nicht zur Disposition der Wohnungseigentümer.
Das sachenrechtliche Grundverhältnis kann nicht Gegenstand ein...