Dr. Hendrik Thies, Dr. Jan Henning Martens
Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse müssen gegen die AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, gerichtet sein. Anderenfalls droht die Unzulässigkeit und Klagabweisung.
Hintergrund
Gemäß §§ 253 Abs. 4 i. V. m. 130 Nr.1 ZPO sollen in der Klageschrift gegen eine juristischen Person der oder die gesetzliche/n Vertreter bezeichnet werden. Wird der falsche Vertreter in der Klageschrift bezeichnet und führt dieser den Prozess, sind die Prozesshandlungen nichtig. Zum Teil wird - auch in der Rechtsprechung - sogar von der Unzulässigkeit einer solchen Klage ausgegangen. Der Kläger wandte sich gegen seine Abberufung als Vorstand und hatte die Klage gegen die beklagte AG "vertreten durch das Mitglied des Aufsichtsrats Herrn X, geschäftsansässig… Straße…" erhoben. An dieses Mitglied des Aufsichtsrats wurde die Klage auch zugestellt. Die Beklagte hatte in erster Instanz gerügt, dass auf ihrer Seite ein Vertretungsmangel vorliege und somit die Klage unzulässig sei. Das Landgericht hatte die Klage für zulässig gehalten.
Das OLG Stuttgart hat die Entscheidung des LG bestätigt und die Klage als zulässig erachtet. Es begründet sein Urteil damit, dass die vom Kläger gewählte Bezeichnung vom Standpunkt eines objektiven Betrachters auszulegen sei. Die Klage sei von Anfang an gegen die Beklagte, vertreten durch den Aufsichtsrat als Gesamtorgan, gerichtet gewesen. Die Nennung des Aufsichtsratsmitglieds sei nur zum Zwecke der Zustellung erfolgt.
Ausschlaggebend sei, ob der Kläger – auch nur irrtümlich – die Klage gegen die Beklagte, allein-vertreten durch das Aufsichtsratsmitglied, erheben wollte. Das wurde vorliegend verneint. Das OLG Stuttgart ist der Ansicht, die Klage sei immer so zu verstehen, dass der Aufsichtsrat als Ge-samtorgan die AG vertrete und das einzelne Mitglied nur zum Zwecke der Zustellung benannt wurde.
Das OLG Stuttgart bestätigt hiermit, dass die Bezeichnung eines falschen Vertreters in der Klageschrift nicht zwingend zu einer Unzulässigkeit der Klage führen muss. Vorliegend wurde die AG vom Aufsichtsrat vertreten, da es um eine Streitigkeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ging. § 112 AktG ordnet für solche Fälle die Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat an. Dies hätte an sich auch im Rubrum so beschrieben werden müssen. Lediglich für Zwecke der Zustellung musste die Adresse eines Aufsichtsratsmitglieds (und nicht aller Mitglieder) angegeben werden (§ 170 Abs. 3 ZPO).
Gerade bei Klagen gegen Aktiengesellschaften müssen die Kläger sorgfältig beispielsweise die Vertretung "durch den Vorstand" nicht aus, da dann gar nicht zugestellt wurde. Wird durch solche eine falsche Angabe eine Anfechtungsfrist nicht eingehalten (bei der die AG durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten wird, § 246 Abs. 2 AktG), sind keine Rechtsmittel mehr möglich. Die Angabe der ordnungsgemäßen Vertretung ist daher zwingend erforderlich.
Eine Parallele zu § 112 AktG existiert im GmbH-Recht: Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers wird durch die GmbH, vertreten durch die Gesellschafterversammlung (!), abgeschlossen. Vertretungsmängel können zwar geheilt werden – allerdings können Mitgesellschafter den Beschluss zur Genehmigung verweigern, so dass Probleme auf Grund fehlerhafter Vertretung frühzeitig angegangen werden sollten.