Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 164 BGB, § 631 BGB
Kommentar
1. Erteilt der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Auftrag über Handwerkerleistungen, so ist auch ohne ausdrückliche Benennung der Wohnungseigentümer als der von ihm vertretenen Vertragspartner davon auszugehen, dass der Verwalter den Auftrag den Umständen nach allein in Vertretung der Gemeinschaft, also im Namen der Eigentümer, erteilt hat (so auch KG Berlin, NJW- RR 1996, 1523; anderer Ansicht 22. Zivilsenat des OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 885).
2. Nach § 164 Abs. 2 Satz 2 BGB wirkt eine von einem Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, dass sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Nach dieser Auslegungsregel ist nicht nur zu entscheiden, ob der Vertreter im Namen eines anderen gehandelt hat, sondern auch in wessen Namen der Vertrag abgeschlossen wurde. Von maßgeblicher Bedeutung ist auch, wie sich eine Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt. Hier sind die gesamten Umstände eines Einzelfalles, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgehalt zugehört und die typischen Verhaltensweisen zu berücksichtigen.
Typischerweise ist bei einer Auftragserteilung durch einen Hausverwalter ohne ausdrückliche Benennung der Hauseigentümer davon auszugehen, dass im Rahmen eines erteilten Werkauftrags der Verwalter nicht in eigenem Namen, sondern im Namen des Hauseigentümers die Willenserklärung abgibt (insbesondere bei größeren Reparaturaufträgen, die über normale Unterhaltungsmaßnahmen eines Hauses hinausgehen).
Es entspricht auch im Regelfall dem Interesse des Werkunternehmers, wenn nicht der ihn beauftragende Hausverwalter, sondern der Eigentümer (bzw. die Eigentümergemeinschaft) des Grundstücks, auf dem der Unternehmer seine Leistungen zu erbringen hat, sein Vertragspartner wird; denn nur bei Identität zwischen Auftraggeber/Bauherr und Eigentümer des Grundstücks ist eine Sicherung seines Werklohnanspruchs durch Eintragung einer Sicherungshypothek gem. § 648 BGB möglich. Damit ist das wirtschaftliche Risiko, das der Werkunternehmer bei Vertragsschluss mit dem Grundstückseigentümer eingeht, trotz möglicher Unkenntnis dessen Identität begrenzt, zumal er in Fällen der Verhandlung mit einem Hausverwalter nach dem jeweiligen - von seiner Werkleistung profitierenden - Grundstückseigentümer fragen kann und der Vertreter auch Auskunft über den von ihm Vertretenen geben muss.
Auch Interessen des Hausverwalters und des Eigentümers gebieten eine Entscheidung im Sinne eines Vertragsabschlusses mit dem Grundstückseigentümer.
3. Im vorliegenden Fall war es also unschädlich, dass die Verwaltung bei Vertragsabschluss und Unterschriftsleistung unter die Auftragsbestätigung nicht ausdrücklich herausgestellt hat, dass sie für die Eigentümer, d.h. die Eigentümergemeinschaft handelte.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.02.2000, 5 U 121/99= Baurecht 8/2000, 1210)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Da diese Auffassung nach wie vor nicht unumstritten ist, also nicht stets von einem Rechtsschein bzw. "typischerweise" davon ausgegangen werden kann, dass ein Verwalter für den Vertragspartner erkennbar immer Aufträge als Vertreter namens der Gemeinschaft abschließt, kann ich ungeachtet dieser Entscheidung nur empfehlen, dass Verwalter stets und ausdrücklich bei allen Aufträgen, Werk- und Dienstvertragsabschlüssen die Vertretereigenschaft herausstellen, d.h. in solchen Fällen als Vertragspartner die jeweiligen Eigentümer (zunächst in Kurzbezeichnung) benennen sollten. Ein Vertragspartner einer Gemeinschaft hat insoweit auch Anspruch darauf, eine vollständige Namens- und Anschriftenliste seiner Vertragspartner und primären Vergütungsschuldner ausgehändigt zu erhalten. Insoweit haften ihm dann auch auftragsgebende Eigentümer z.B. für Werklohn gesamtschuldnerisch, sollte der Verwalter als Vertreter solche Lohnansprüche nicht aus gemeinschaftlichen Mitteln erfüllen (können).