Leitsatz
- Haben die Parteien eines Gewerberaummietvertrags vereinbart, dass bei einer bestimmten prozentualen Veränderung des "Lebenshaltungskostenindexes eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalts der mittleren Einkommensgruppe in der Bundesrepublik Deutschland" die Miete zu ändern ist, entsteht durch den Wegfall dieses Indexes eine Regelungslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden muss (im Anschluss an Senatsurteil v. 4.3.2009, XII ZR 141/07, ZMR 2009 S. 591).
- Jedenfalls, wenn der der Anpassung zugrunde liegende Zeitraum ab dem 1. Januar 2000 beginnt, entspricht es dem Interesse der Vertragsparteien, für die automatische Anpassung der Miethöhe auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex bereits ab dem Basisjahr 2000 abzustellen (im Anschluss an Senatsurteil v. 4.3.2009, XII ZR 141/07, ZMR 2009 S. 591).
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 535 Abs. 2
Kommentar
In einem im Jahr 1985 abgeschlossenen Gewerbemietvertrag ist eine Wertsicherungsklausel vereinbart, wonach eine Veränderung der Miete verlangt werden kann, "wenn ... der Lebenshaltungskostenindex eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes der mittleren Einkommensgruppe in der Bundesrepublik Deutschland (Basis 1980 = 100) um 10 Prozent oder mehr steigt bzw. fällt".
Der "Index für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalts mit mittlerem Einkommen" wird vom Statistischen Bundesamt nur bis Dezember 2002 errechnet. Mit Schreiben vom 15.5.2006 macht der Vermieter eine Mietanpassung auf der Basis des Verbraucherpreisindexes (Basis 2000 = 100) geltend. Ausgangspunkt der Berechnung ist der umbasierte Wert vom Juni 2000 (99,9 Punkte). Die Steigerung vom Juni 2000 bis April 2006 (109,9 Punkte) beträgt 10 Punkte oder 10,01 %. Nach dieser Berechnung ist die Mietanpassung begründet. Der Mieter wendet ein, dass der Verbraucherpreisindex erst ab 1.1.2003 anzuwenden ist. Addiert man die jeweiligen Veränderungen, so wird die Schwelle von 10 % nicht erreicht.
Der BGH hat bereits mit Urteil vom 4.3.2009 (XII ZR 141/07, NJW-RR 2009 S. 880) entschieden, dass mit der fehlenden Fortschreibung des Indexes für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalts eine Regelungslücke entstanden ist, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Hierbei kommt es darauf an, welcher aktuelle Index dem vertraglich vereinbarten am nächsten kommt. Dies sei der Verbraucherpreisindex für Deutschland. An dieser Rechtsprechung halten die Richter fest.
Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass die Umstellung auf den Verbraucherpreisindex zu dem Zeitpunkt erfolgen soll, zu dem der vereinbarte Index ausläuft, hier also im Dezember 2002 (Reul, DnotZ 2003, S. 92, 101). Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe zum Ergebnis, dass die prozentuale Preissteigerung ab Juni 2000 zugrunde zu legen sei. Dies ergebe eine Preissteigerung von exakt 10 %. Die zweite Nachkommastelle (10,01 %) sei nicht zu berücksichtigen, weil die zugrunde liegenden Indizes bereits auf eine Nachkommastelle gerundet sind.
Mit Rechner des Statistischen Bundesamts umbasieren
Die Umrechnung kann mithilfe eines vom Statistischen Bundesamt entwickelten Rechenprogramms vorgenommen werden (www.destatis.de/wsk).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 7.11.2012, XII ZR 41/11, GE 2013 S. 49