Leitsatz
- Eine in einem Gewerbemietvertrag vereinbarte Wertsicherungsklausel wird unwirksam, wenn die Parteien einen langfristigen Mietvertrag in einem wesentlichen Punkt abändern und dabei gegen das Schriftformerfordernis verstoßen.
- Bei Wertsicherungsklauseln, die nach dem 13.9.2007 geschlossen wurden, gilt diese Rechtsfolge erst dann, wenn die Unwirksamkeit gerichtlich festgestellt wird.
- Ist die Wertsicherungsklausel dagegen vor dem 13.9.2007 vereinbart worden, so tritt die Unwirksamkeit mit dem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis der Änderungsvereinbarung ein.
- Die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel berührt die Wirksamkeit der übrigen Vertragsregelungen nicht.
- Wegen der Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel weist der Vertrag ab dem Zeitpunkt der mündlichen Änderung eine Regelungslücke auf. Diese ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 139, 550; PrKG § 8
Kommentar
Die Parteien schlossen im Jahr 1999 einen langfristigen Pachtvertrag, in dem eine Wertsicherungsklausel enthalten ist. In der Folgezeit änderten die Parteien die Regelungen über die Verteilung der Betriebskosten; hierbei wurde nicht beachtet, dass nachträgliche Änderungen eines Miet- oder Pachtvertrags der Schriftform bedürfen, wenn der Vertrag eine längere Laufzeit als 1 Jahr hat. Das Gericht hatte u.a. über das Schicksal der Wertsicherungsklausel zu entscheiden.
1. Mindestlaufzeit von 10 Jahren
Nach dem Preisklauselgesetz (PrKG) vom 7.9.2007 (BGBl I S. 2248) sind Wertsicherungsklauseln (Gleitklauseln) nur wirksam, wenn der Miet- oder Pachtvertrag eine Laufzeit von mindestens 10 Jahren hat oder auf Lebenszeit des Vermieters oder Mieters abgeschlossen wird.
Wird ein langfristiger Gewerbemietvertrag mündlich in einem wesentlichen Punkt geändert, so ist er gem. § 550 BGB mit gesetzlicher Frist kündbar. Der Schriftformverstoß wirkt sich auch auf solche Vertragsbestimmungen aus, die eine bestimmte Laufzeit des Vertrags voraussetzen. Hierzu zählt auch eine auf die Laufzeit von mindestens 10 Jahren angelegte Wertsicherungsklausel.
Dies hat zur weiteren Folge, dass die ehemals wirksame Wertsicherungsklausel unwirksam wird (Neuhaus, MDR 2010, S. 848). Die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel berührt die Wirksamkeit der übrigen Vertragsregelungen nicht.
2. Wertsicherungsklausel nach dem 13.9.2007
Bei Wertsicherungsklauseln, die nach dem 13.9.2007 (Inkrafttreten des PrKG) geschlossen wurden, tritt diese Rechtsfolge erst zum Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit ein (§ 8 Satz 1 PrKG). Bis zum rechtskräftig festgestellten Verstoß ist die Klausel weiterhin als wirksam zu behandeln.
3. Wertsicherungsklausel vor dem 13.9.2007
Für Wertsicherungsklauseln, die vor dem 13.9.2007 vereinbart wurden, ist die Rechtslage streitig.
- Teilweise wird vertreten, dass auch diese Verträge nach dem PrKG zu behandeln sind. Danach gilt die Rechtsfolge in Abschnitt 2 (Schulz, NZM 2008, S. 425, 427; Aufderhaar/Jaeger, NZM 2009, S. 564; Neuhaus, MDR 2010, S. 848, 850).
- Nach Ansicht des Gerichts ist die Rechtslage bei diesen Verträgen nach dem bis zum 13.9.2007 geltenden PaPkG zu beurteilen. Danach tritt die Unwirksamkeit mit dem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis der Änderungsvereinbarung ein (ebenso Gerber, NZM 2008, S. 152, 155).
- Folgt man dieser Ansicht, weist der Vertrag ab dem Zeitpunkt der mündlichen Änderung eine Regelungslücke auf. Diese ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.
Grundsätzlich sind die Parteien verpflichtet, einer Klausel mit nicht genehmigungsbedürftigem oder genehmigungsfähigem Inhalt zuzustimmen. Unter Umständen kann der Vermieter berechtigt sein, eine Mietanpassung nach billigem Ermessen (§§ 315, 316 BGB) zu verlangen.
Link zur Entscheidung
OLG Brandenburg, Urteil v. 17.10.2012, 3 U 75/11, GE 2013 S. 54