Leitsatz

Der Schenker kann eine Schenkung nur dann wegen groben Undanks widerrufen, wenn sowohl objektiv als auch in subjektiver Hinsicht eine schwere Verfehlung des Beschenkten vorliegt.

Die (objektive) Verfehlung muss Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichen Maßen die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann (ständige Rechtsprechung des BGH). Eine solche Gesinnung des Beschenkten muss jeweils fallbezogen beurteilt werden, wobei es insbesondere auf die Begleitumstände und die Beweggründe ankommt, die zum Fehlverhalten des Beschenkten geführt haben. Im Falle der Nichterfüllung einerZahlungsverpflichtung, die der Beschenkte gegenüber dem Schenker eingegangen ist, gilt deshalb folgendes: Selbst bei einer hartnäckigen Erfüllungsverweigerung darf nicht ohne weiteres auf einen Mangel an Dankbarkeit i.S. von § 530 Abs. 1 BGB geschlossen werden. Da die Nichterfüllung auch andere Gründe als Undankbarkeit, z.B. wirtschaftliches Unvermögen, haben kann, muss eine umfassende Würdigung aller Tatsachen erfolgen, die Rückschlüsse auf die Gesinnung des Beschenkten erlauben. Zu klären ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, ob und inwieweit die Nichtleistung nicht vor allem dadurch veranlasst ist, dass dem Beschenkten die zur Erfüllung erforderlichen finanziellen Mittel fehlen. Wenn sich die Leistungsfähigkeit des Beschenkten nicht zweifelsfrei feststellen lässt, ist die Annahme groben Undanks ausgeschlossen, da seine Nichtleistung ohne weiteres allein auf wirtschaftlichem Unvermögen beruhen kann.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.07.2000, X ZR 89/98

Anmerkung

Praxishinweis: Bei dem Widerruf einer Schenkung ist der Schenker als Anspruchssteller für die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtig. Deshalb hat grundsätzlich der Schenker für den Nachweis von Tatsachen zu sorgen, die ergeben, dass dem Beschenkten nach seiner wirtschaftlichen Situation zuzumuten war, die gegenüber dem Schenker übernommene Schuld zu befriedigen. Da die für die Leistungsfähigkeit des Beschenkten maßgeblichen Vorgänge sich ganz oder teilweise in dessen Wahrnehmungsbereich abspielen, kann auch den Beschenkten eine so genannte sekundäre Darlegungslast treffen.

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