Leitsatz
Bei Haustürgeschäften steht Verbrauchern grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vertrag in der Haustürsituation geschlossen oder nur in dieser angebahnt worden ist.
Sachverhalt
Eine Bank muss sich in Ausweitung der bisherigen Rechtsprechung das Verhalten eines Anlagevermittlers schon zurechnen lassen, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat. Eine Kenntnis und ein Verschulden der Bank selbst sind nicht notwendig.
Im vorliegenden Fall hatte ein Anlagevermittler die Anlegerin in ihrer Wohnung aufgesucht und sie dazu gebracht, eine "Beitrittserklärung" zu einem Immobilienfond einer Bank zu unterzeichnen. Auf Grundlage einer entsprechenden Vollmacht schloss der von der Anlegerin beauftragte Rechtsanwalt sodann zu einem späteren Zeitpunkt den entsprechenden Treuhandvertrag ab. Die Einlage der Anlegerin wurde durch zwei Kredite der betroffenen Bank finanziert. Da sich die Geschäfte nicht wie versprochen entwickelten, widerrief die Anlegerin Jahre später die Darlehensverträge und kündigte die Mitgliedschaft in dem Immobilienfond. Die klagende Bank und die widerklagende Anlegerin verlangten nunmehr gegenseitig Zahlung der offenen bzw. Rückzahlung der bisher gezahlten Raten.
Nach Auffassung des BGH hat die Anlegerin einen Anspruch auf Rückzahlung der bislang gezahlten Raten und die Klage der Bank war abzuweisen. Grundlage dieser Entscheidung ist, dass der Anlegerin ein Widerrufsrecht nach § 1 HaustürWG (jetzt § 312 BGB) zusteht.
Diesem Recht der Anlegerin steht zunächst nicht entgegen, dass der eigentliche Treuhandvertrag sowie die Darlehensverträge nicht in der Haustürsituation selbst geschlossen worden sind. Denn es ist für die Anwendung der entsprechenden Vorschriften bereits ausreichend, dass das Geschäft in einer Haustürsituation angebahnt worden ist. Auch ist ein enger zeitlicher Zusammenhang der Haustürsituation mit dem Vertragsschluss nicht erforderlich. Ausreichend ist es, wenn der Vertragsschluss ohne die Haustürsituation nicht oder nicht so zustande gekommen wäre.
Zudem ist das Verhalten des Anlagevermittlers der klagenden Bank zuzurechnen. Nach bisheriger Rechtsprechung war ein solches Verhalten Dritter dem Vertragsschließenden nur zurechenbar, wenn er dessen Handeln kannte oder kennen musste. Aufgrund eines Urteils des EuGH (Urteil v. 25.10.2005, C-229/04) rückt der BGH mit der vorliegenden Entscheidung jedoch von diesen Vorgaben ab. Nach neuer Auffassung des BGH muss eine Bank nunmehr keine positive Kenntnis bzw. schuldhafte Unkenntnis haben. Das Verhalten Dritter ist vielmehr bereits stets schon dann zurechenbar, wenn objektiv eine Haustürsituation vorgelegen hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 12.12.2005, II ZR 327/04. – Vgl. zu Haustürgeschäften Gruppe 16 S. 267.